2024JAHRESBERICHTSÄCHSISCHERLANDTAG
2
JAHRESBERICHT2024Der Sächsische Ausländerbeauftragte3
Foto: Steen Giersch4JAHRESBERICHT 2024hiermit lege ich dem Sächsischen Landtag den Bericht zurSituation der Ausländer in Sachsen vor. Es ist wahrscheinlichder letzte Bericht eines SächsischenAusländerbeauragtenund zugleich mein letzter.Die Anforderungen an denBerichthaben sich in den letztenJahrzehnten mit den gesellschaft-lichen, sozialen und wirtschalichenEntwicklungen geän-Liebe Leserinnen und liebe Leser,INTEGRATIONDIEERWEITERUNGVorspann
5offenes-sachsen.deUniversitäten und Standesvertretungen zusammenarbeiten,damit eine Arbeitsaufnahme in Deutschland nichtzum Hin-dernislauf, sondern zu einer für alle befriedigenden Wande-rung wird.Mit Interesse, aber auch mit Sorge habe ich vor Kurzem inmeiner Heimatzeitung ein Interview mit einem bundes-weittigen Vermittler, Berater undCoachr ausländischeSpitzenkräe gelesen. Unter anderem verweist er auf dieHaltung der Zivilgesellscha, diees besonders den Familiender Wissenschaler schwer macht,in einer deutschen Um-gebung anzukommen. So schwer, dass viele wieder gehen.Das gilt für Ost- undWestdeutschland. Außerdem fordert erauf, Normen zu hinterfragen.ssen wirklich alle interna-tionalen Forschenden Deutsch sprechen, wenn sie in einemForschungsinstitut anfangen? In der Forschungist Englischdie Norm. Ist es nicht sinnvoller, gute Leute erst einmal zugewinnen, sie einzustellenund ihnen dannmit Patenschaf-ten und Kursen den Erwerb der Alltagssprache zu ermög-lichen?Vergleichenwir unsere Lösungenmit denen andererLänder und lernen wir von ihnen. Wir sind ein attraktivesLand, aber nicht der Nabel der Welt.Ein Symposium des Vereins »Wirtschafür ein weltoenesSachsen« zuBeginn desJahres warüberschrieben mit»Fin-den, binden und halten«. Schaen wir Lösungen, die genaudas ermöglichen – damitIntegration und Akzeptanz gelin-gen und unsere Gesellschaihren Wohlstand erhalten kann.Ihr Geert Mackenrothdert. Wichtig ist, dass das Parlament im abgelaufenen Jahrmit dem Sächsischen Integrationsgesetz eineneue Aufgaben-stellung formuliert hat.Ausländer sind nichtmehr Sonder-fälle in unserer Gesellscha. Vielmehr sind wir in einerGesellschaangekommen, die Menschenmit und ohne Zu-wanderungsgeschichte gemeinsam wahrnehmenund voran-bringen muss. Dem trägt das neue Gesetz Rechnung. Nunmuss es noch invielen Bereichen ausgefüllt, durchVerord-nungen präzisiert und durchnanzielle Mittel und Zielvor-gaben untermauert in die Praxis einwirken. Worauf es dabeiin Theorie und Praxis ankommt, lesen Sie in diesem He.Die Abgeordneten, die Exekutive und die Betroenen samtihren Unterstützern werden dieChancen und Möglichkeitendes Integrationsgesetzes in den nächstenJahren genaubeobachten und evaluieren. Dabei sind sie auf die ck-meldungen undForderungen vonAkteuren ausGesellscha,Wirtscha, Bildung, von Sozialdiensten und aus der deraktiven Bürgerschaangewiesen. Ich baue darauf, dassdieses Zusammenspiel gelingt.Die Themen des Jahres sind genannt: Der demograscheWandel erzwingteine Fachkräezuwanderung.Europaändert sich und bedarf einer klug gesteuerten Migration.Nach drei Jahren Ukrainekrieg ist die Belastung der Kommu-nen durch die anerkannten Schutzsuchenden dauerhaamLimit, obwohl die Anzahl von Asylsuchenden deutlich ab-sinkt. Das Staatsangehörigkeitsgesetz erfordert neueAbläufein der Verwaltung, sonst bleibt der Abbau des Antragsstauseine Utopie. Die Anerkennung von Abschlüssen und dieWege zu nachholender Qualizierung sind ein Feld, aufdem sich nur Fachleute richtig gut auskennen. Die Materieist äußerst komplex. Hier müssen die Gesetzgeber,Kammern,
6JAHRESBERICHT 2022Vorspann4VORWORT8CKBLICK WASWAR 2024?10AUSLÄNDISCHE PERSONENINSACHSEN12BEWERTUNG DESCHSISCHENINTEGRATIONS-UND TEILHABEGESETZES18SCHUTZSUCHENDEINSACHSEN24CKBLICK AUF10 JAHRECHSISCHERAUSLÄNDERBEAUFTRAGTER28DREI JAHRZEHNTEAUSLÄNDERBEAUFTRAGTER32DIE ZWEI REGELN DERGROSSENHAINERELEKTRO-GENOSSENSCHAFT34DIE ARBEIT DES SÄCHSISCHENAUSLÄNDERBEAUFTRAGTEN36WISSENAUSTAUSCHEN38WETTBEWERBE MACHENINTEGRATIONSARBEIT SICHTBAR16MIGRATIONIMPARLAMENTINHALT
7offenes-sachsen.de40KINDERLACHENAMTREFFPUNKT DER DEALER42BERATUNG UNDBETEILIGUNGDES SÄCHSISCHENAUSLÄNDERBEAUFTRAGTEN46ARBEITSWEISE DERRTEFALLKOMMISSION48BEISPIELE AUS DERENTSCHEIDUNGSPRAXISDERRTEFALLKOMMISSION50INTERVIEW MITMECHTHILD GATTER52ENTWICKLUNGEN IMAUSLÄNDER-UND STAATSANGE-RIGKEITSRECHT202456IMPRESSIONENUND TERMINE60KONTAKTE ZUBEAUFTRAGTEN UNDZUR HÄRTEFALLKOMMISSION64ANMERKUNGENZUBEGRIFFENUND SPRACHGEBRAUCH67IMPRESSUM44ARBEIT DER SÄCHSISCHENRTEFALLKOMMISSION
Anhörung von Sachverständigen zum Sächsischen Integrationsgesetz | Foto: Markus Guler8JAHRESBERICHT 2024wirksam wurde. Die daraus resul-tierende und erwartbare Mehrbelas-tung der einbürgernden Behördenerfordert besondere Anstrengungen,um die Ziele der Änderung rascher zuerreichen und den Antragsstau konti-nuierlich abzubauen. Der SächsischeAusländerbeauragte forderte insbe-sondere straere Verwaltungsabufeund regte eine Onlineantragstellungund digitale Vorprüfung an.1Der anhaltende Krieg in der Ukrainebelastete die Verwaltung und dieGesellschawie in den Vorjahren. Diedamit verbundenen Anforderungender ukrainischen Schutzsuchenden1Pressemitteilung vom 25. Juni 2024»Freistaat ist auf neues Staatsangehörig-keitsrecht nicht vorbereitenahmen«. Diese führte – auch inVerbindung mit der vorläugen Haus-haltsführung nach der Wahl 2024 zu Unsicherheiten, Streichungenund verspätet beginnenden Maß-nahmen. Das Sozialministeriumhatte nach Kritik des SächsischenRechnungshofes und öentlicherDiskussion die rderrichtlinieIntegrative Maßnahmen überarbeitenlassen. In diesem Zusammenhangwurde Geert Mackenroth MdL alsZeuge im 2. Untersuchungsausschussdes 7. Sächsischen Landtags gehört,der diese rderpraxis zum Gegen-stand hatte.Dynamik brachte auch die bundes-rechtliche Änderung des Staatsange-hörigkeitsrechtes, die im Juni 2024Jahre, in denen ein neuer Landtaggewählt wird, sind von einer wechseln-den Dynamik geprägt. Bis zum Endeder Wahlperiode nutzen die Fraktionendie verbleibenden Sitzungen intensiv,um Gesetzgebungsprozesse zum Ab-schluss zu bringen. Zugleich werdenwichtige Themen gesetzt, die fürden Wahlkampf und in der nächstenLegislatur maßgebend sein sollen.Nach der Landtagswahl schränkt einelang andauernde und komplexeRegierungsbildung die Arbeit ein.Planungen und Entscheidungenverzögern sich. Finanzielle Absiche-rungen sind nur unter Vorbehaltmöglich. Kontinuierliche Aktivitätenfür die Integration unserer auslän-dischen Mitbürger werden dadurcherschwert.Im ersten Halbjahr 2024 brachte dieStaatsregierung das SächsischeIntegrations- und Teilhabegesetz nacheinem langen Abstimmungsprozessin die parlamentarische Beratungein. Der Sächsische Ausländerbeauf-tragte gab im Vorfeld eine Stellung-nahme gegenüber dem SächsischenStaatsministerium für Soziales undGesellschalichen Zusammenhalt ab.Sie wurde in Teilen berücksichtigt.Darüber hinaus wurde er auch alsSachverständiger zum Gesetz im Aus-schuss für Soziales undGesellschaft-lichen Zusammenhalt befragt. DerchsischeLandtag verabschiedetedas Gesetz im Maiplenum. Diedazu gehörende Verordnungwurde im August erlassen.Spürbar für die Trägerder Integrationsarbeitwar die Veränderungder Förderrichtlinie»Integrative Maß-RÜCKBLICKWASWAR2024?Was war 2024?
ARD-Interviewrunde am Wahlabend | Foto: Thomas Schlorke9offenes-sachsen.deinnere und äußere Anforderungenzu bewältigen. Jede und jeder Beauf-tragte setzte nach eigenem ErmessenSchwerpunkte in ihrer bzw. seinerArbeit für die Menschen ohne deut-schen Pass in Sachsen. Dabei richtetesich ein Großteil der Kommunikationan die aufnehmende Gesellscha.Ein Abschnitt in diesem Bericht gibteinen Abriss der verschiedenenHandlungsfelder seit 1992. Die Arbeitwar wichtig, sie bleibt es und sie ver-ändert sich weiter.Interkulturalität muss auf allen Ebenenzum Normalfall werden, sonst ver-umt der Freistaat Chancen, was ihnauf Jahre hintanstehen ließe. Wie derchsische Ausländerbeauragte inden letzten Monaten seiner Amtszeitdiese Notwendigkeit kommunizierte,ist in diesem Bericht dokumentiert.Mit der Neuwahl eines SächsischenIntegrationsbeauragten enden nach30 Jahren das Amt und die ArbeitdesSächsischen Ausländerbeauragten.In jeder Legislatur waren besonderewaren zusätzlich zu den »normalen«Asyl- und Integrationsanstrengungenzu bewältigen. Dabei gerieten die sonotwendige Arbeitsintegration undder Fachkräezuzug leicht aus deröentlichen und gesellschalichenAufmerksamkeit. Industrie, Handwerkund die für Sachsen typischen mittel-ständischen Betriebe artikulierenjedoch deutlich den Bedarf an Regelun-gen, pragmatischen Entscheidungen,Anwerbehilfen und Integrationsrah-men. Gleiche Anstrengungen müssenauch die Verwaltungen unternehmen.
ICHHELFEGERNUNDUNTERSTÜTZEMENSCHEN.ESMACHTMIRFREUDE,IHNENZUZUHÖREN.SPÄTERMÖCHTEICHALSALLGEMEINARZTINDEUTSCHLANDARBEITEN.JoseJimenez
Der Arzt Jose Jimenez aus Venezuela ist Asylbewerbermit Arbeitsgenehmigung und als Krankenpfleger tätig.Foto: Steen Giersch11IndersächsischenBevölkerungsind lautAusländerzentralregisterzum 31. Dezember 2024 mehr als180 Staatsangehörigkeiten vertre-ten. Zudiesem Stichtagwaren362768 Ausländerin Sachsenregistriert. Diegrößte Gruppewaren Ukrainer (18,9 Prozent),gefolgt von Syrern(10,3 Prozent)und Polen (7,3 Prozent). Jedervierte Ausländer in Sachsen(27,1 Prozent) besaß eine EU-Staatsangehörigkeit. Der Aus-länderanteil wirdanhand derGesamtbevölkerungermittelt,wobei Datenaus derBevölke-rungsfortschreibung heran-gezogen werden.Diese liegenregelmäßig im SommerdesFolgejahres unddamit zumRedaktionsschluss dieses Be-richtes noch nicht vor. Schät-zungsweise liegt der Ausländer-anteil bei acht bis neun Pro-zent und damit deutlich unterdem Bundesdurchschnitt,derzwischen 15 und17 Prozent liegt.Daten und Vergleiche zum Vor-jahr im Bereich Bevölkerung undBildung lagenzum Redaktions-schluss ebenso nicht vor. Diese wer-den im 3. Quartal des Folgejahresveentlicht.Aus den Arbeitsmarktdatender Bundesagentur zum30. Juni2024 geht hervor, dass fastjeder ne sozialversicherungs-pichtig beschäigte Ausländer im WirtschasbereichEr-bringung von sonstigen wirtschalichenDienstleistungentätig ist (25933 bzw. 18,3Prozent). In diesem Bereich sind diemeisten sozialversicherungspichtigbeschäigten Aus-länder Sachsens tätig. Gemessen an der Gesamtzahl derBeschäigten in diesem Wirtschasbereich sind es sogar21,6 Prozent Ausländeranteil.Im BereichVerarbeitendesGe-werbesind 25344 und damit 17,9 Prozent der beschäigtenAusländer tätig. Der Ausländeranteil anallen dort Beschäf-tigten liegt bei 8,2 Prozent. Elf Prozent aller sozialversiche-rungspichtig beschäigten Ausländer Sachsens arbeitenjeweils im BereichVerkehr undLagerei(16011 bzw. 11,3 Pro-zent) und imGastgewerbe(15537 bzw. 11,0 Prozent). ImGe-sundheits- und Sozialwesenwaren 13921 bzw. 9,8 Prozent dersozialversicherungspichtig Beschäigen Ausländer.Der Ausländeranteil an allen BeschäigtenimGastgewerbe(55035) liegt bei 28,2 Prozent, das entspricht jedem viertenim Gastgewerbe Beschäigten. Im Vergleich zum Vorjahrist der Anteil um drei Prozentpunkte gestiegen.Im Freistaat Sachsen ist im Berichtsjahr 2024 die Anzahlder eingegangenen Asylerstanträgelaut Bundesamt fürMigration und Flüchtlinge um etwa 5000 und damit deut-lich zurückgegangen (2023: 16350 und 2024: 11295). DasHerkunsland Syrien ist dabei zahlenmäßig bundesweit(76765) und sachsenweit (2976) an erster Stelle. InSachsensteht Venezuela an zweiter Stelle (2375), Afghanistan andritter Stelle (900) unddie Türkei auf Platzvier (730). Bundes-weit an zweiter Stelle steht Afghanistan mit 34149 und andritter die Türkei (29177). Über 15730 Asylerstanträge wurdeim letzten Jahr in Sachsen entschieden, wobei diese nichtaus dem Jahr 2024 stammen müssen.AUSLÄNDISCHEPERSONENINSACHSEN
Tagung des Sozialausschusses im Januar 2024 | Foto: Thomas Schlorke12JAHRESBERICHT 2024Integration als gesamtgesellschaliche Aufgabe zu fördern und dementsprechend konkreteTeilhabemöglichkeiten für Menschen mit Migrationsgeschichtezu fordern, sind die erklärtenZiele des Sächsischen Integrations- und Teilhabegesetzes (SächsIntG)1, das im Sommerletzten Jahres in Kragetreten ist (Präambel, §1). Sachsen folgt damitals erstes ostdeutschesBundesland den Vorbildern anderer Bundesländer (u.a. Bayern und NRW) und macht vonseiner (ergänzenden) Gesetzgebungskompetenz zum Integrationsrecht Gebrauch. Dies istgrundsätzlich zu begrüßen, da das Recht als Lenkungs- undSteuerungsinstrument durchausgesellschaftlich notwendigeIntegrationsprozesse in beide Richtungen fördern kann.1Zu einer umfassenden Auswertung des SächsIntG, auf der dieser Beitrag teilweise beruht, sieheHomann, Felix;Wu, Hao Hao (2024): Das Sächsische Integrations- und Teilhabegesetz. (K)ein Recht auf mehr Teilhabe.In: ZAR – Zeitschrifür Ausländerrecht und Ausländerpolitik 44 (7), S. 223233.BEWERTUNG DESSÄCHSISCHENINTEGRATIONS-UND TEILHABEGESETZESaus rechtswissenschalicher undteilhabetheoretischer Perspektivevon Dr. Felix Homann und Hao-Hao WuWas war 2024?
Staatsministerin Petra Köpping und Staatssekretärin Dagmar Neukirchim Ausschuss für Soziales | Foto: Tomas Schlorke13offenes-sachsen.deInteressenpolitik zu betrachten: MigrantischeSelbstorgani-sationen befördern die Teilhabe am demokratischen Diskursim Sinneteilhabebasierter Integrationgrundlegend undsinddamit im gesamtgesellschalichen Interesseeines friedlichen,da vitalen demokratischen Gemeinwesens. Dienicht vorge-sehene Repräsentanz entsprechender Verbandsstrukturenim vorgesehenen Landesbeiratfür Integration undTeilhabe(§ 17) kann an dieser Stelle nur irritieren.Kommunale Ebene:Beiräte für Integration und TeilhabeEinen beachtlichen Teil des Gesetzes machen die Regelungenzur kommunalen Integrationsarbeitaus (§§11.SächsIntG).Dabei ist zunächst zu bemerken, dass dieAufgaben der neugeschaenen und im Allgemeinen zuständigenunterenIntegrationsbehörden (§6 Abs.1Nr.2, Abs.2 SächsIntG) staat-liche Aufgaben sind,aber Integration aufkommunalerEbene das allgemeine Selbstverwaltungsrecht aus Art.28Abs.2 S.1 GG, 82Abs.2 S.2, 84 Abs.1 S.1 SächsVerf. berührt(»Integration alsörtliche Aufgabe«).Dieses Spannungsfeldaufzulösen und Zuständigkeitsvermengungen zu verhindern,ist zuvörderst Aufgabe der vor Ort handelnden Akteure.Insgesamt aber bleibtdas SächsIntG hinterden Möglichkei-ten rechtlicher Regulierung zurück. Das Gesetz ist durchzogenvon appellativen Auorderungen (z.B.§3 Abs.1 S.2 undAbs.2 SächsIntG), der Feststellung von Selbstverständlich-keiten (vgl. § 3Abs.1 S.1 SächstIntG) sowie»Soll-Regelungen«(vgl.§7f. SächsIntG), ohne dasssich hieraus Rechtsansprü-che Einzelner ableiten lassen (vgl. §4 SächsIntG). Gerade vordem Hintergrund der zunehmend migrationsfeindlichenDebatten der letzten Jahre sind jedoch verbindliche Rege-lungen wichtig, in denen dem gesamtgesellschalichenZusammenhalt Relevanz zuerkannt wird. Sie nnen denpolitischen Akteuren Impulseund Leitlinien aufgeben,Inte-gration und Teilhabe rechtssicher zu fördern. So ist dasGesetz zwar ein Schritt in die richtige Richtung, denn einewahrscheinliche symbolische und damit zumindest ermes-senslenkende Wirkung im Rahmen der Gesetzesauslegungist ihm nicht abzusprechen. Im Umkehrschluss gilt allerdingsauch, dass ein Gesetz,das lediglich appellativen Charakterbesitzt, schnell zum Feigenblatt verkommt.Entsprechende Inkonsistenzen sind, betrachtet man dieEnt-stehungsgeschichte des SächsIntG genauer, Ergebnis derpolitischen Kräeverhältnisse auf kommunalerund Landes-ebene: Da keinerlei Pichten der »Integrationsbehörden«6) formuliert wurden und das Gesetz kostenneutral aus-gestaltet wurde, bedüre es zur Umsetzung der einzelnenMaßnahmen eben nicht nur der Gesetzeskra, sonderndesselben politischen Willens, der sich selbstvon jeder Ver-pichtung ausgenommen hat. Ein Großteil der Zustimmungzu dem Gesetz düre auf der gesetzten Unverbindlichkeitberuht haben.Und so gilt esim Folgenden, das SächsIntGnicht allein an-hand seiner strukturellen Schwächen, sondern in Hinblickauf diejenigen Aspekte zubewerten, die unter dengegebenenVoraussetzungen am ehesten dazu geeignet sind, die Zieledes Gesetzes im politischen Diskurs um Integration undTeilhabe zu befördern.Landesebene: Förderung überregionalerVerbandsstrukturen migrantischer Selbst-organisationenAls teilhabetheoretischer Kernaspekt des SächsIntG ist dieFörderung landesweiter migrantischer Selbstorganisation zunennen (§10 Nr.2). Inter-bzw. transkulturelle Verbandsstruk-turen sind entgegen ihrer Unbestimmtheit im Gesetzestextim Sinne einer gesamtgesellschalichorientierten Gemein-wesenarbeit zu denieren und nicht im Sinne partikularer
Folgende Sachverständige wurden gehört: Karadeniz, Özcan GeschäsführerDachverband sächsischer Migrant*innenorganisationen Kreuzberg,Hendrik Fachreferent Migration Paritätischer Sachsen e. V. Liga der FreienWohlfahrtpflege Sachsen. | Foto: Markus Guler14JAHRESBERICHT 2024Gemeinden werdensicherlichberatende Hilfeder staatli-chen Aufsichtsbehördein Anspruchnehmen müssen,umdierechtlicheFundierung derBeiräte fürIntegration undTeilhabe sicherzu gestalten.Rechtstechnisch ergänzen sich die Regelungen desSächsIntGund derchsGemO, letztlichnach demlex-specialis-Grundsatz, ohne dass die bestehenden Regelungsunter-schiede zu einer Unwirksamkeit des einen oder des ande-ren Rechtsregimes führten.Idealerweise würde das angestrebte kommunale Integra-tionsmanagement (§12 SächsIntG) ebenso wie Beiräte für Inte-gration undTeilhabe inentsprechenden Zentrenangesiedelt,in denen kurze Wege eineenge kollegiale Zusammenarbeitund Erreichbarkeit aller die gesamte Gemeinwesenarbeitder Kommunen betreenden Akteure ermöglichen würde.Individuelle Ebene: (Sprach-)Bildung fördern,um fordern zu könnenInsgesamt bleibtdas SächsIntGinkonsistent biswidersprüch-lich, wenn etwa der rechtlichallgemein kaum ausdenierteGrundsatz des »Förderns und Forderns« in seiner Reihen-folge bereitsin derPräambel umgekehrtwird unddamit denwesentlichen Teilhabeaspekt des Gesetzes konterkariert:Soziokulturelle Integration bedarfder wechselseitigen Oen-heit und kann daher im Sinne möglichst breiter und recht-lich abgesicherter Teilhabechancen nur ermöglicht und nichterzwungen werden. Wer Integration demokratisch verstehenwill und damit Teilnahme fordert, muss zunächst Teilhabefördern – schließlich gilt dies auch unabhängig vom Auf-enthaltsstatus:Unter §3 Abs.1 des SächsIntG heißt es, dass »Sprache undBildung […] eineSchlüsselfunktion für Integrationund Teil-habe [haben]«. Dieseso grundlegende wieallgemeine Fest-stellung bleibt ohne jeden Regelungsgehalt. Hier bedürees einer Konkretisierung insbesondere in Hinblick auf dieFörderung von Mehrsprachigkeit vonAnfang an, eine Stär-kung des herkunssprachlichen Unterrichts und nicht zu-letzt die Einführung eines Bildungsmonitorings.Problematisch in diesem Zusammenhang ist auch der un-klare persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes. Vondem Gesetz werden gem.§5 Abs.1 SächsIntG »Menschen mitMigrationsgeschichte« erfasst. Dies sind nach der Binnen-denition des Gesetzes jedoch lediglich solche Personen, diesich »berechtigt« imFreistaat Sachsen aufhalten.Ausgenom-men ist damit jedenfalls die große Gruppe der GeduldetenDie Einrichtung von Integrations- und Teilhabebeiräten(§18 Abs.1) auf kommunaler Ebene bleibt im SächsIntGeine optionale Entscheidung des jeweiligen Kreis- oder Ge-meinderats. Insbesondere das Antragsrecht, das zur Einrich-tung eines Beirats führen kann (§ 18 Abs.4) ist zu begrüßen.Bedauerlich ist dabei, dass das Antragsrecht nicht kraGesetzes gegeben ist, sondern erst in der Hauptsatzung fest-geschrieben werden muss. Es spräche nichts dagegen, einsolches Recht unmittelbar gesetzlich zuverankern. Das An-tragsrecht wirüberdies grundsätzliche Fragenzum Verhält-nis des SächsIntG zur SächsGemO auf, wo es bereits einenEinwohnerantrag gibt (§23 SächsGO). DerStädtetag sprachin einer Stellungnahme vor dem Sächsischen Landtag wieauch in einer Pressemitteilung von einem Widerspruch zu»den allgemeinen kommunalverfassungsrechtlichen Vor-schrien«.2Zuzugeben ist, dass derLandesgesetzgeber hiereine bessere Harmonisierung hätte vornehmen können,umetwaigenkommunalverfassungsrechtlichenStreitigkeiten zuvorzukommen. Gerade kleinere2Vgl. Sächsischer Städte- und Gemeindetag,Pressemitteilung Nr. 01/24(Stand: 25. Februar 2025).Was war 2024?
Plenarsitzung Mai 2024 | Foto: Steen Floss15offenes-sachsen.deempirisch wie theoretischgestütztenZusammenführung vonIntegrations-,Teilhabe- und Antidiskriminierungsgesetz-gebung.FazitDas Sächsische Integrations- und Teilhabegesetz liefertkeine durchsetzbaren Handlungsweisungen und beruht imGroßen und Ganzen auf der migrationspolitischen Bereit-schader Mehrheitsgesellscha, die Integration und Teil-habe von Menschenmit Migrationsgeschichte zufördern. DasGesetz ist jedoch ein wichtiges Signal in Zeiten politischerUmbrüche und aufgeheizter Debatten, in denen zuneh-mend menschenfeindlich undgrundrechtswidrig argumen-tiert wird. Ähnlich wie bei der Debatte um die Einführungeiner grundgesetzlichen Staatszielbestimmung»Integration«geht es hierbei nicht primär um das Recht als Steuerungs-instrument, sondern um dessen Symbolwirkung, die nichtunterschätzt werden sollte.Dr. Felix Homannist Kultur- und Sozialanthropologe,Migrationsforscher an der TU-Chemnitz und Mitglied desRats für Migration e.V.Hao-Hao Wuist Rechtsassessor und Doktorand am Max-Planck-Institut für Sozialrecht undSozialpolitik in Münchensowie Lehrbeauragter an der Ludwig-Maximilians-Uni-versität München.(vgl.  §§60a, b AufenthG3, trotz dessen sie omals überJahre hinweg ohnehin nicht ausreisen oder ausgewiesenwerden nnen und immer wieder durchaus Chancen be-stehen, den Aufenthaltsstatus nachträglich zu regulieren.Ein besonderer Widerspruch liegt hier darin,dass das Gesetzmit der ckkehrberatung (§ 13 SächsIntG) ausreisepich-tige Personen adressiert (§ 13 Abs. 3 SächsIntG), sie insgesamtjedoch vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausschließt.Menschen ohne jede Chance auf Integration und Teilhabemüssen ojahrelang in weitestgehender Untätigkeit ver-harren, insbesondere wenn ihnen auch der Zugang zumArbeitsmarkt verwehrt wird. Massive psychosoziale Folge-schäden sind in solchen llen ounausweichlich.Institutionelle Ebene: Diversizierung undAntidiskriminierungsmaßnahmenDie »Stärkung migrationsgesellschalicher Kompetenz« (§7)im Sinne von Qualizierungs- und Fortbildungsmaßnahmenin allen sächsischenBehörden und Bildungseinrichtungengreizu kurz. Sieist erstens auchauf entsprechende Förder-institutionen auszuweiten, da gerade hier von starken An-reizen zur institutionellen Diskriminierungauszugehen ist.Zweitens ist sie im Sinne einer allgemeinen Diversitätsori-entierung auszugestalten, da Menschen mit Migrationsge-schichte, wie andere Betroenengruppen auch, von ganzverschiedenen Formen von Diskriminierung betroen seinkönnen. Die omals existenzielleAbhängigkeit von entspre-chenden Institutionen bestimmtdie Integrations- undTeil-habechancen der Einzelnen grundlegend, sodass auch die»Repräsentanz von Menschen mit Migrationshintergrund«8 Abs.1) in entsprechenden Institutionen vor demHinter-grund ihrer besonderen Eignungals Mitglieder von Betroe-nengruppen zu fördern ist.Komplementär zu den oben genannten Mnahmen sindinstitutionalisierte Antidiskriminierungsmaßnahmenanzu-streben, wie die systematische Erfassung von racial prolingund von Diskriminierung in Behörden und im Bildungs-bereich, diedurch unabhängigeBeratungsstellen zugewähr-leisten sind. Obwohl Teilhabe in vielerlei Hinsicht – nichtzuletzt der Möglichkeit eines Kommunalwahlrechts – aufAntidiskriminierung beruht, wird dieser Zusammenhangim SächsIntG nicht erwähnt. Hier bedüre es allgemein einer3Zur Anzahl der Geduldetenin Sachsen vgl. DerSächsische Ausländer-beauragte,Daten und Fakten zum Thema Asyl in Sachsen,2024, S.4, (Stand: 25. Februar 2025): In Sachsen wurden zum31. Dezember 2023 insgesamt 10338 Geduldete erfasst.
Das Integrationsgesetz wird am 2. Mai 2024debattiert. | Foto: Markus Guler16JAHRESBERICHT 2024Der wesentliche Teilder Kleinen Anfragender AfD-Fraktionbefasste sich mit dem Thema Straaten, Betrug und De-likte (67), die sich auf einzelne Meldungen zu aktuellenGeschehnissen in Sachsen bezogen.Außerdem waren Zahlenund Fakten zum Asylverfahren und Aufenthaltsstatus (25),Kosten der sächsischen Asylpolitik (22) sowie die Unter-bringung von Asylsuchenden (19) Inhalt der Anfragen. DieAbgeordneten der Fraktion DIE LINKE wandten sichvorder-gründig mit Fragen zu Einzelfällen bei derAbschiebung (16),zu Asylverfahren (12) undzur Situation der Asylsuchendenin Unterbringung (9) an die Staatsregierung.Debatten im PlenumAm 3. Mai 2024 beriet das Plenum über den Jahresberichtfür das Jahr 2023. Der Bericht (Drucksache 7/16168Un-terrichtung durch den Sächsischen Ausländerbeaurag-ten)warnachseinerÜbergabeandenLandtagspräsidentenim Ausschuss für Inneres und Sport beraten (Drucksache7/16287) und zur Kenntnis genommen worden. Das Ple-num hat der Beschlussempfehlung des Ausschusses zuge-stimmt. Die Sprecherder Fraktionen äußertensich in ihrenRedebeiträgen zu einzelnen Themen des Jahresberichtesund richteten gleichzeitig den Blick auf die gesamte Amts-zeit des Sächsischen Ausländerbeauragten.  Im Plenar-protokoll ist die Sitzung ab Seite7716 dokumentiert. ImSeptember 2024 wurde derJahresbericht noch um denStatistikteil ergänzt.In der 88. Plenarsitzung der 7.Wahlperiode wurde auf An-trag der AfD-Fraktioneine aktuelle Debatteunter dem Titel»Deutsche Opfer, ausländische ter: Wo bleibt der Auf-schrei?« enet. Es handelte sich dabei vorwiegend umdie Interpretation der Zahlen der letzten polizeilichen Kri-minalstatistik. Im Plenarprotokoll ist die Debatte ab Seite7657 dokumentiert.Die sächsische Asylpolitik warauch das Thema inder4.Plenarsitzung der 8.Wahlperiode. Auf Antrag der CDU-Fraktion wurdeeine aktuelleDebatte unterdem Titel»Humanität und Ordnung: IrreguläreMigration begrenzen,Integration unterstützen« durchgeführt. Die Fraktion bekann-Die Kleinen Anfragen derAbgeordnetenDas Elektronische Datenbank- undArchiv-system (EDAS) des Sächsischen Landtagsverzeichnete insgesamt 1979 Vorgänge unterdem Sachgebiet »Ausländer, Migranten« in dergesamten 7. Wahlperiode.Im Jahr 2024wurden bisEnde der Wahlperiode (30.September 2024) 224 Vor-gänge imgenannten Sachgebietverzeichnet. Davonwaren212 KleineAnfragen und12 sonstigeAnträge. Inder beginnen-den 8. Wahlperiode wurden in den letzten drei Monatendes Jahres 2024 insgesamt 49 Einträge verzeichnet, davon46 Kleine Anfragen und drei sonstige Anträge.Die Kleinen Anfragenwurden vor allemvon der Oppositiongestellt. Die AfD-Fraktion stellte im Jahr 2024 insgesamt176 Kleine Anfragen, die Fraktion DIE LINKE stellte insge-samt 76 Kleine Anfragen. Andere Fraktionen stellten ins-gesamt 6 (BÜNDNISGRÜNE 3, CDU 1, BSW 1, parteilos 1)Kleine Anfragen.Debatten und AnfragenMIGRATIONIM PARLAMENTWas war 2024?
17offenes-sachsen.deKleineAnfragen – FraktionenThemen7. Wahlperiode2024FraktionAfDLINKE GrüneCDU fraktionslos BSWUnterbringung1891---Abschiebung1216111-Asylverfahren/Aufenthaltsstatus1912----ausländischeFach- und Arbeitskräfte65----Straftaten/Betrug/Delikte54-----Bildungs- / Ausbildungszugang14----Beschäftigung vonAsylbewerbern / Arbeitsintegration 4-----unbegleitete minderjährige Ausländer13----Kosten/ Finanzierung197----Bezahlkarte12----Ausreise/Rückkehrberatung5-----Einbürgerung02----Sonstiges35----gesamt14365211-Fachkräfte4-----8. Wahlperiode2024Straftaten / Betrug / Delikte13----1Integration11----Asyl/ Aufenthaltstatus61----Abschiebung2-----Ausreise1-----Unterbringung12----Bildung / Ausbildung14----Kosten /Förderung3-----Migration1-----Brandereignisse Abschiebehaft-1----Bezahlkarte-21---gesamt33111001Quelle. EDAS Sächsischer LandtagInsgesamt 258 Kleine Anfragente sich zum Grundrecht auf Asyl und forderte zugleich einZurückweisen nicht schutzbedüriger Menschen. Eswurdefür eine Migrationspolitik geworben, die die Kommunennicht überfordert. Im Plenarprotokoll ist die Debatte abSeite 10 dokumentiert.
Aufnahmevon Asylsuchenden inSachsenJahrgesamt201411 786201569 900201614 86020179 18320188 82820196 64520204 463202110 222202218 474202323 132202410 120Quelle: Sächsisches Staatsministerium des Innern.010 00020 00030 00040 00050 00060 00070 00080 0002024202320222021202020192018201720162015201418JAHRESBERICHT 2024Sachsen nahm im letzten Jahr 10120 Asylsuchende auf. ImJahr 2023 wurden 23132 Geflüch-tete aufgenommen. Die meistenAufnahmen gab es imRückblick im Jahr 2015,die wenigstenAufnahmen gab esim Jahr 2020.(2015: 69900, 2016:14860, 2017:9183, 2018:8828,2019:6645 ,2020:4463, 2021: 10222,2022: 18474, 2023: 23132).Zu Beginn des Jahres 2024 standen 16 Aufnahmeeinrichtungen mit einer Kapazität von7315 Plätzen zur Verfügung. ZumStichtag 31. März 2024 sankdie Kapazität auf 6835 Plätze,zum Stichtag 30. Juni 2024 wurde die Kapazität auf 6741 Plätze weiter reduziert. Ende des1. Quartals 2024 stand ein Unterbringungsobjekt im sogenannten »Stand-By-Modus« zurVerfügung. Ende des 2. Quartals 2024 wurden zwei Unterbringungsobjekte mit einer Kapa-zität von 950 Plätzen vom FreistaatSachsen für eine Aktivierung im Fallesteigender Unter-bringungsbedarfe vorgehalten.11DS 7/15526, DS 7/16189, DS 7/16775, DS 8/171, DS 8/1029Unterbringung von Asylsuchenden inAufnahmeeinrichtungenSCHUTZSUCHENDEINSACHSENSchutzsuchende
19offenes-sachsen.deZum Stichtag 30. September 2024 waren 14 Aufnahmeein-richtungen mit einer Kapazit von5886 Plätzen in Betrieb,drei Aufnahmeobjekte mit Kapazität von1500 Plätzen wurdenim sogenannten »Stand-By-Modus« vorgehalten. Ende desJahres 2024 befanden sich 12 Aufnahmeeinrichtungen miteiner Kapazit von4766 Plätzen inBetrieb. Drei Unterbrin-Unterbringungssituation in AufnahmeeinrichtungenHinweis: Hinsichtlich der Kapazität entsprechen die Daten der Gesamtkapazität, unabhängig von der Nutzung(auch Unterbringung ukrainischer Kriegsflüchtlinge); Belegungsdaten beziehen sich ausschließlich auf AsylbewerberQuellen:DS 7/12090, DS 7/13232, DS 7/13885, DS 7/14748, DS 7/15526. DS 7/16189, DS 7/16775, DS 8/171, DS 8/102931.12.202231.03.202330.06.202330.09.202331.12.2023KapazitätBelegung01000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000738573857385796573154449371932345600435301000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 800031.12.2023731543533007220425062353683567415886476631.03.202430.06.202430.09.202431.12.2024KapazitätBelegunggungsobjektewurdenfüreineAktivierung imFalle steigenderUnterbringungsbedarfe mit Gesamt-kapazität von1500 Plätzenvorgehal-ten. (DS7/15526, DS7/16189, 7/16775,DS 8/171, DS 8/1029)
20JAHRESBERICHT 2024Bildungszugang von Kindern und Jugendli-chen in AufnahmeeinrichtungenDie Grundlage für den Bildungszugang von Kindern undJugendlichen in Aufnahmeeinrichtungen des FreistaatesSachsen bilden Art.14 der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnah-merichtlinie) sowie §§26, 28 des Schulgesetzes in Verbindungmit den Änderungen des Asylgesetzes im Juli 2017. Für alleKinder ab sechs Jahren,unabhängig vom Aufenthaltsstatus,besteht in Sachsen eine Schulpicht.Zum Stichtag 30. Juni2024 befanden sich imFreistaat Sachsen222 Personen unter 18 Jahren in Aufnahmeeinrichtungen,darunter 146 im schulpichtigen Alter. Insgesamt 17Perso-nen im schulpichtigen Alter warennger als drei Monate,sieben Personen länger als sechs Monateund vier Personenlänger als zwölf Monate in einer Aufnahmeeinrichtung unter-gebracht.Im 1. Halbjahr 2024 befanden sich insgesamt 982 Kinder undJugendliche über eine durchschnittliche Dauervon 32 Tagenim Lernangebot undin diesem Zeitraumwurden insgesamt39 Lehrkräe eingesetzt.2Daten zum 2. Halbjahr 2024 lagen zum Redaktionsschlussnicht vor.Verteilung auf die KommunenDie Asylsuchenden werden nach Registrierungund medizi-nischer Untersuchung in den Aufnahmeeinrichtungen desFreistaates in der Regel nachkurzer Zeit in die Unterkünein den Kommunen verteilt. Asylantragsteller aus sicherenHerkunsstaaten hingegen sollen bis zum Abschluss derVerfahren in einer Aufnahmeeinrichtung verbleiben.Die Verteilungsquoten für die landesinterne Verteilung derAsylbewerber in Sachsen werden jährlich aus dem jeweiligenAnteil der Wohnbevölkerung der Landkreise undKreisfreienStädte an derchsischen Gesamtbevölkerung zumStichtag30. Juni. berechnet. Die Verteilungsquoten rdas Jahr 2024beziehen sich demnach auf den Bevölkerungsstand vonJuni 2023. Daraus ergibt sich folgende Verteilung:2DS 7/16707Verteilungsquoten innerhalbSachsens(fürdasJahr2024)Landkreis /KreisfreieStadtVerteilungs-quotenStadtChemnitz6,1Erzgebirgskreis8,0Mittelsachsen7,4Vogtlandkreis5,4Zwickau7,6StadtDresden13,8Bautzen7,3Görlitz6,1Meißen5,9chsische SchweizOsterzgebirge6,0StadtLeipzig15,1Leipzig6,4Nordsachsen4,9Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen,Gebietsstand: 30.06.2023Die Landeshauptstadt Dresden und die Stadt Leipzig alsdie Gebietskörperschaenmit demchsten Belke-rungsanteil nehmen demnach zusammen gut ein Viertelder Asylbewerber auf. Geregelt ist die Unterbringung undVersorgung im Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetz(SächsFlüAG).Schutzsuchende
21offenes-sachsen.deEnde des dritten Quartals (Stichtag 30. September 2024)verfügten sie über 141Gemeinschasunterküne mit Gesamt-kapazität von 18083 Plätzen, diezu 72 Prozentbelegt waren.Zum Jahresende (Stichtag 31. Dezember 2024) verfügtensieüber 138 Gemeinschasunterküne mit Gesamtkapazität von17768 Plätzen, die ebenfalls zu 72 Prozent belegt waren.Darüber hinaus standen Ende desersten Quartals (Stichtag31. März 2024) im Landkreis Meißen zwei Gemeinschas-unterküne für Asylbewerberinnen und Asylbewerber im»Stand-By-Modus« mit einer Kapazität von 155 Plätzen zurVerfügung. Zum Stichtag 30. Juni 2024 und zum Stichtag30. September 2024 standen in den Landkreisen Bautzen,Meißen und imVogtlandkreis sowie inder Kreisfreien StadtLeipzig insgesamt siebenweitere Unterkunsmöglichkeitenim »Stand-By-Modus« mit einer Kapazität von 835 Plätzenzur Verfügung. Zum Jahresende (Stichtag 31. Dezember 2024)wurden in insgesamt sechs Unterkunsmöglichkeiten im»Stand-By-Modus« 633 Plätzevorgehalten.33DS 7/16189, 7/16775, DS 8/171, DS 8/1029Unterbringung in den KommunenDie Asylbewerber werdenentsprechend diesem Verteilungs-schlüssel in den Landkreisen und Kreisfreien Städten unter-gebracht. Versorgung, Betreuung und Art der Unterbringungobliegen dabei den Kommunen. Letztere kann zentral inGemeinschasunterkünen oder dezentral in Wohnungenbzw. Wohnprojekten erfolgen.Die Verteilung innerhalb der Kommunen setzen diese ineigener Verantwortung und entsprechend den Gegebenhei-ten vor Ort um.Zentrale Unterbringung von Geflüchtetenin SachsenDie Landkreise und die Kreisfreien Städte verfügten zumStichtag 31. März 2024 über 145 Gemeinschasunterkünemiteiner Gesamtkapazität von 18981 Plätzen, die zu 77Prozentbelegt waren. Zum Halbjahresende (Stichtag 30. Juni 2024)verfügten sie über139 Gemeinschasunterküne mitGesamt-kapazit von17927 Plätzen,die zu75 Prozentbelegt waren.GemeinschaftsunterkünfteinSachsen 202442024AnzahlGUKapazitätBelegungMonatabsolutprozentual*31.März14518 98114 68177,0130. Juni13917 92713 44174,9730. September14118 08313 04072,1131. Dezember13817 76812 80772,094DS 7/16189, 7/16775, DS 8/171, DS 8/1029; *Eigene BerechnungenUnbegleitete minderjährige GeflüchteteDie sachliche Zuständigkeit für die Gewährung von Leis-tungen fürunbegleitete minderjährigeAusländer (umA)istgemäß § 85 SGBVIII den örtlichen Trägernder öentlichenJugendhilfe zugewiesen.  Die Landkreise und KreisfreienStädte erfüllen diese Aufgabe im eigenen Wirkungskreis.
22JAHRESBERICHT 2024Die Staatsregierung hat nach§32a Absatz 1 des Landes-jugendhilfegesetzes (LJHG) die Verwaltung des Landesjugend-amtes als dienach Landesrecht fürdie Verteilung vonumAzuständige Stelle gemäß §§42a.SGB VIII benannt. ImRah-men der Aufgaben als Landesverteilungsstellewurden demLandesjugendamt 2024 insgesamt 620 vorläuge Inobhut-nahmen angezeigt.Die Erkenntnisgrundlage der Staatsregierung hinsichtlichder Zahl jugendhilferechtlicher Zuständigkeitenbasiert aufwerktäglichen Bestandsmeldungen des Bundesverwaltungs-amtes (BVA). Die BVA-Bestandsmeldungen speisensich ausMeldungen der kommunalen Jugendämter an dasBVA überdie Zahl der bestehenden jugendhilferechtlichen Zuständig-keiten. Die Landkreise undKreisfreien Städte meldeten amletzten Werktag des Jahres 2024insgesamt eine Summe von1548 jugendhilferechtlichen Zuständigkeiten für umA. Imbundesweiten Verteilverfahren erfüllte Sachsen seine Quotenach Königsteiner Schlüssel zu 69,8 Prozent.Die Landkreise und Kreisfreien Sdte meldeten per 31. De-zember 2024 insgesamt eine Summe von 389 jugendhilfe-rechtlichen Zuständigkeitenr jungeVolljährige, die wei-terführende Hilfennach §41 SGBVIII inAnspruch nehmen.Im Freistaat Sachsenwurden zum 31.Dezember 2024 zudem439 Inobhutnahmeplätze für die Aufnahme von umA vor-gehalten und es gab gem.§42 SGB VIII zwölf temporäreEinrichtungen mit insgesamt 252 Betreuungsplätzen – mitbefristeter Duldung in Betrieb.55DS 8/960Ausreisepflicht, freiwillige Ausreiseund AbschiebungNach endltiger Ablehnung von Asylanträgen wird denBetroenen in der Regel eineFrist zur freiwilligen Ausreisegesetzt. Reisen siein dieser Zeitnicht aus, könnensie abge-schoben werden, wenndem keine Abschiebungshindernisseentgegenstehen bzw. keineDuldung erteilt wordenist; dannist die Abschiebung zeitweise ausgesetzt.Für die freiwillige Rückkehr inbestimmte Herkunsstaatenbesteht die Möglichkeit dernanziellen rderung überRückkehrprogramme des Bundes undder Länder (Pro-gramme: REAG/GARP).Grundsätzlich können mittellose Drittstaatsangerige, diesich im Bundesgebiet aufhalten und in ihr Herkunslandzurückkehren oder weiterwandern möchten,Leistungen die-ser Programme in Anspruch nehmen. Ein Rechtsanspruchauf Förderung besteht jedochnicht. Die Ausreise wirddurchdie Internationale Organisation r Migration (IOM) organi-siertund betreut.Nebenstehende Tabelle zeigt im Jahresvergleich, wie vielePersonen jeweils zum 31. Dezemberausreisepichtig waren,über ckkehrprogramme ausgereist bzw. wie viele abge-schoben worden sind. Zudem weist dieTabelle auf, bei wievielen Personen die Abschiebungen zeitweise ausgesetztund Duldungen erteilt worden sind.Dem Sächsischen Ausländerbeauragten ist im Zusammen-hang mitAbschiebungen dashumanitäre Augenmaßbeson-ders wichtig. So sollten unbillige Härtenwie etwa Familien-trennungen – wenn irgend möglich – vermieden werden.Werden Abschiebungendurchgeführt, solltenetwaige Aus-wirkungen auf dasjeweilige soziale Umfeldder Betroenen –soweit möglichberücksichtigt werden.Geflüchtete Kinder und Jugendlicheohne SchulplatzGemäß § 26 Absatz 1Sächsisches Schulgesetz (SächsSchulG)besteht Schulpicht für alle Kinder undJugendlichen, die imFreistaat Sachsen ihren Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufent-halt haben. In sächsischen Aufnahmeeinrichtungen unter-gebrachte Kinder und Jugendliche migrantischer Familienerhalten erst nach erfolgter Zuweisung auf die Landkreiseund Kommunen einen Schulplatz.Schutzsuchende
23offenes-sachsen.deMit Stand 9. Dezember2024 sind1883 schulpichtigeundüber das Anmeldeportaldes Landesamtes fürSchule und Bil-dung angemeldete Kinder und Jugendlicheohne Schulplatz.Bei 606 Personen beträgt die Wartezeit auf einen Schul-platz mehr als sechs Monate.Wurden zum Ende des Schuljahres 2020/2021 und damit vordem Kriegin derUkraine nochrund 7000 SchülerinnenundSchüler, deren Herkunssprache nicht odernicht ausschließ-lich Deutsch ist, in Vorbereitungsklassen an öentlichenSchulen unterrichtet, sind es aktuellrund 20500 junge Men-schen. Diese nahezu Verdreifachung der Schülerzahlen unddie mehr als Verdopplung der Vorbereitungsklassen zumErlernen vonDeutsch alsZweitsprache inkurzer Zeitbrachte und bringt die sächsischen Schulen an räumlicheund personelle Kapazitätsgrenzen. Trotz intensiver Be-hungen bei der Schulplatzzuweisung sind Wartezeiten ge-genwärtig vor allem in den Ballungszentren nicht zu ver-meiden, da die Ressourcen erschöpsind.Als Reaktion auf die angespannte Situationan den Schulenvor Ort wurdeseit 2022 eineReihe von Maßnahmenergrien.Zur Erweiterung der Platzkapazitäten inVorbereitungsklas-sen wurde die abgesenkte Klassen-und Gruppenobergrenzeausgesetzt, umtrotz damiteinhergehender pädagogischerHerausforderungen mehr neuzugewanderten Schülerinnenund Schülern schulische Bildung zu ermöglichen. An denGymnasien wurden bildungsunabhängigeVorbereitungsklas-sen eingerichtet.Zudem werdenSchülerinnen undSchülerin Regelklassen integriert, wennkeine Vorbereitungsklassen ver-fügbar sind(Einzelintegration).Erstklässler werdendirekt indie1. Klasse integriert undzusammen mitallen anderen Schulanfängernalphabe-tisiert. Inhöheren Klassenwurden imRahmen von »Blended Learnin Selbstlern-zeiten eingeführt. Dafür wurdenu.a. Lizenzen füreine Lernplattform Deutsch als Zweitsprache zurVerfügung gestellt, womitauch Wechselmodelle zwischenschulischen Präsenz- und häuslichen Lernzeiten möglichsind. Das Landesamt für Schule und Bildung wurde mitder konsequentenUmsetzung dieserden aktuellenGegeben-heiten angepassten Maßnahmen beauragt.Durch den hohen Personalbedarfwurde es zugewandertenLehrkräen seit 2022 zu erleichterten Bedingungen ermög-licht, zunächst befristet im sächsischen Schuldienst tätig zuwerden. Ihnen wurden bei Bedarf auch Sprachkurse ange-boten. Zahlreiche Personen konnten zudem zunächst be-fristet als Schulassistentinnen und -assistenten eingestelltwerden. Lehrkräe, die sich bewährt haben unddie auch füreine Tätigkeit im Regelunterricht geeignetsind und ein ent-sprechendes Sprachniveau in Deutsch nachweisen,könnenin ein dauerhaes Arbeitsverhältnis übernommen werden.66DS 8/338, DS 8/592Verteilungsquoten innerhalbSachsens(fürdasJahr2024)20242023AusreisepflichtigePersonen111 87813 090Geförderte freiwilligeRückkehr(bewilligteFälle nachProgrammREAG / GARP)2714545Abschiebungen (§58 AufenthG)3936841Duldung49 66010 338Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Gebietsstand: 30.06.20231jeweils zum Stichtag 31.12.2im Jahresverlauf3im Jahresverlauf4jeweils zum Stichtag 31.12.
Wiederwahl zum Sächsischen Ausländerbeauragtenim Januar 2020 | Foto: Markus Guler25Wenn Sie heute auf IhreAmtszeit in zwei Legislatur-perioden zurückschauen:Welche Ereignisse habendiese Jahre geprägt?Bestimmend für mich war derÜbergang in eine eher unsi-chere Zeit. Erst die Flüchtlings-krise 2015 und 2016, danachdie Corona-Pandemie ab 2020und der Ukraine-Krieg ab2022mit demerneut gewaltigenZustrom von Schutzsuchen-den. Parallel dazu gab es dasAnwachsen von KI, von FakeNewsundPolitikerverach-tung bis hinzur Ablehnung desStaates und zur gesellscha-lichen Spaltung.Welche Schwerpunktehaben Sie sich undIhrem Team gesetzt?Wir haben immer versucht, dieDiskussionaufderBasisvonFakten zu versachlichen und demschnellen, ostimmungsgetrie-benen Vorurteil zahlenbasierte Tat-sachen entgegenzusetzen.Ob unsdies etwa beim – bundesweit einma-ligen – »Heim-TÜV« zur Bewertung derUnterbringung von Asylsuchenden, beiunseren Studien zur Arbeit der Unter-bringungsbehörden und derEinbürgerungssituation imFreistaat gelungen ist, müssen andere beurteilen.Was war Ihnen bei der Kommunikationmit dem Bürger wichtig?Oproduzieren Institutionen, Behördenund Verbändewunderbare Papiere mit herrlichenAnsätzen für alles, wasverändert und besser gemacht werden kann. An der Um-setzung hapert es dann. Nicht selten landen diese Papieremehr oder weniger schnell in der Schublade. Die Graswurzel-arbeit, die Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger und mitihnen, bleibt demgegenüber auf der Strecke. In meinerAmtszeit habensich immerwieder Menschenhilfesuchendan uns gewandt, weil siebei den zuständigen Stellenabge-wiesen oder vertröstet wurden. Mein Anspruch war, denMenschen schnell undkompetent zu antworten.Zuwande-rung und Asyl sindpraktisch und juristisch komplex,stän-digen Änderungen ausgesetzt und müssen erklärt werden.Bis heute gibtes keine landesweitezentrale Hotline, andiesich etwa Arbeitgeber, Flüchtlinge, Betreuer oder Ehren-amtliche wenden können.Hier hat sichdie Geschässtelle desAusländerbeauragten mit großem persönlichem Einsatzunserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittlerweile zueiner anerkannten Anlaufstelle imFreistaat entwickelt. Siezeigt allen Fragestellern nicht selten in wenigen Stundeneinen juristisch validen und praktisch umsetzbaren Lösungs-weg auf. Wenn das nicht möglich ist, weist sie ihnen dochjedenfalls die Richtung, wie es weitergehen kann und an wensie sich wenden müssen.Daneben haben wir natürlich das Alltagsgeschäbetrie-ben – Projekte etwazur Sprachbildung, Beratungshilfen zurArbeit der Härtefallkommission oder unsere Materialienzur Werbung für Zuwanderung, von der Postkarte bis zumVideoclip und dem interkulturellen Skatspiel.RÜCKBLICK AUF10JAHRESÄCHSISCHER AUSLÄNDER-BEAUFTRAGTER
Besuch in der Erstausnahme in Dresden zu Beginn desUkrainekrieges 2022 | Foto: Markus Guler26JAHRESBERICHT 2024Der Stolz und die Freude der Menschen, die – onachlangen Jahren der Mühe im Bereich Sprache und Beruf nun endlich den begehrtendeutschen Pass in Händenhalten, die vor Glück strahlen und die laut und überzeugtdie Nationalhymne zum Abschluss dieser Feier mit unssingen, sind ein Zeichen dafür, dass sich Integration fürdie Gesellschalohnt. Diejenigen,die derart gutenWillenssind, sollten wir nach Kräen fördern und bei uns halten.Was hat Sie besonders gefordert?Da ist in erster Linie natürlich zunächstdie schiere Dimen-sion der Anzahl der Schutzsuchenden zu nennen, die 2015und im Zuge des Ukrainekrieges zu uns gekommensind. DieIntegrationsarbeit wurde jedes Malvor eine neue, scheinbarunüberwindbare Hürde gestellt. Aber dieStrukturen habensich bewährt, jetzt geht vieles einfacher. Eineweitere Heraus-forderung war die Leitung der Härtefallkommission überjetzt auch zehn Jahre. Diese Kommission pin jedemEinzelfall, ob Menschen bei uns bleiben dürfen, die nachanderen rechtlichen Regelungen keinen Aufenthaltstitelbekommen haben. Die Anrufung der Kommission und dieeventuelle Anerkennung als Härtefall sindnicht einemRechtsanspruch des Einzelnengleichzusetzen, sondernletztlich auch eine sehr persönliche Abgung für mich:Welche Interessen entscheiden, ob die Betreenden beiuns bleiben? DieHärtefallkommission ist alsokeine Super-revisionsinstanz, die die gerichtlichen oder behördlichenEntscheidungen korrigiert, sondern eine Art rechtsstaat-liches Gnadeninstitut, das nach ganz anderen Kriterienentscheidet als die Behörden.Wo kann der Freistaat besser werden?Das wissen vermutlich die Akteure im Bereich der Integra-tionsarbeit selbst mindestensebenso gut wieich – fragenundhören wir sie. Ein mir immer wieder zugetragener Punkt:Der Freistaat ist noch nicht hinreichend gut aufgestellt imBereich der Einbürgerungen. Sie dauern omehrere Jahreund damit zu lange, sind obürokratisch aufgeladen undseitens einiger Ausländerbehörden mit Skepsis gegenüberden Antragstellern verbunden. Wir müssen zudem immerwieder den Unterschied zwischen humanitärer Migrationund der Zuwanderung in unseren Arbeitsmarkt deutlichmachen: Im letzten Punkt nnen wir selbst sagen, wenunsere Betriebe brauchenund danach dieRegeln für Zuwan-derung festlegen. Der humanitäre Aspekt ändert sich fort-laufend mit jedem neu auammendenKonikt. Die daraufgegründete Zuwanderung darf die Gesellschanicht über-Welche Aufgabengebiete haben sichüber die Jahre verändert?Die Vernetzung der staatlichenStellen mit den AkteurenderZivilgesellschawurde immer wichtiger. Deren Motivationhaben wir versucht hochzuhaltenallein schaniemandIntegration. Das Netzwerk Integration und Migrationhabenwir fortgeführt, gute Beispiele derIntegrationsarbeit immerwieder hervorgehoben, die Kontakte zu Unternehmen, zurArbeitsagentur, zu den Beratungsstrukturen, derKommunal-politik und den Unterstützern gepegt. Auf die gesellschaft-lichen Veränderungen mit ihren erhöhten Anforderungenhaben wir natürlich auch reagiert. Der Internetauritt desAusländerbeauragten ist relauncht und der Jahresberichterscheint digital und animiert. Wir kommunizieren zusätz-lich zum Newsletterverantwortungsbewusst und informativin den sozialen Medien. Den Anforderungen der meistenAbgeordneten an unsere Arbeit und an den Jahresberichtsind wir stets gerecht geworden.Welche Momente waren für SieHöhepunkte?Das Einbürgerungsfest im Plenarsaal desLandtages, das wir in jedem Jahr gemein-sam mit dem Staatsminister des Innernbegehen, ist in meinenAugen eine wun-derbare Belohnung für unsere Arbeit:Die Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
Konferenz der Beauragten von Bund und Ländern im Dezember 2023 mitStaatsministerin Reem Alabali-Radovan | Foto: Markus Guler27offenes-sachsen.deZielkonikt zwischenhumanitären Aspekten,wirtschalichen Notwendig-keiten, Akzeptanz in der Mehrheitder Gesellschaund Gesetzesgehorsammit Augenmaß und Spielraum fürden Einzelfalllöst. Integration bleibt ein Gesamtkunstwerk.fordern. Und für irreguläre Migration – etwa aus rein wirt-schalichen Gründen – schwindet ja derzeit nicht nur beiuns, sondernin ganzEuropa dasVerständnis. Ichwünschemir insgesamt mehr pragmatisches Behördenhandeln. Einbesonderes Anliegenist mirdie interkulturelleÖnung derVerwaltung. Das gilt aber auch für unsere Gesellschains-gesamt.Was bewegt Sie am Ende Ihrer Amtszeit?Migration hat unsere Gesellschaund besonders unsereEinstellung zu Menschen mit Migrationsgeschichte in denletzten zehn Jahren ganz erheblich verändert. Dieser Prozesswird sich fortsetzen, seinen Niederschlag auch in den Gesetz-blättern Europas, Deutschlands und unseres Freistaatesnden. Ichnsche mirdafür einenRechtsrahmen, derden
28JAHRESBERICHT 2024Fokus der Arbeitsind Einzelfallbera-tung und parlamentarische Bericht-erstattung, Schwerpunkt der Arbeit sindehemalige Vertragsarbeiter aus Angola,Mosambik und Vietnam.1993Die ersten kommunalen Ausländer-und Integrationsbeauragten (KAIB)werden benannt, um eine bessereBetreuung vor Ort zu gewährleisten.1996Sachsen richtet die erste Bundes-beauragten-Konferenz aus. Bei demArbeitsaustausch der Ausländer-beauragten aus ganz Deutschlandsind auch kommunale Beauragteanwesend.1999Die Folgen des Jugoslawienkrieges prägendie Arbeit des SAB. Viele Flüchtlingeaus Bosnien und Kosovo suchenSchutzin Sachsen. Ab 1999 werden vielevon ihnen wieder in ihre Herkunsländerzurückgeführt.2002Auf Vorschlag des Sächsischen Aus-länderbeauragten wird das Kuratorium»Weltoenes Sachsen« gegründet.Es berät die Landesregierung zu denThemen Integration und Fremdenfreund-lichkeit.2004Die Planung der Sächsischen Härtefall-kommission (HFK) beginnt. Sie solleinen Aufenthalt aus besonderen huma-nitären Gründen ermöglichen. Bereitsseit 1996 fanden informelle Härtefallge-spräche zwischen dem Beauragtenund dem Innenministerium statt.Im Sächsischen Landtag wird daserste Einbürgerungsfest veranstaltet.Bei Reden, Kabarett und Musik feierndie 250 Gäste ihre Einbürgerung. Bundes-weit ist es die erste Veranstaltungdieser Art.1991März1991Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellteinen Antrag zur Einsetzung einesRegierungsbeauragten für Ausländer-fragen. Die Regierung lehnt diesenab und möchte zunächst Erfahrungsbe-richte aus anderen Bundesländernabwarten. Zu diesem Zeitpunkt gibt eslediglich in sechs westdeutschenBundesländern einen Ausländerbe-auragten.September1991Die fremdenfeindlich motivierten Aus-schreitungen in Hoyerswerda, beidenen es zu massiven Angrien aufVertragsarbeiter und Geflüchtetekommt, führen zu einem Umdenken.Die Forderung nach einer unabhän-gigen Beratungs- und Integrationssteller Ausländer wird lauter.Mai1992Heiner Sandig (CDU) wird vom Säch-sischen Landtag zum ersten SächsischenAusländerbeauragten (SAB) gewählt.Parallel übt er das Amt des 1. Vizepräsi-denten aus.Januar1994Das Gesetz über den SächsischenAusländerbeauragten1wird ver-abschiedet. Zuvor war das Amt lediglichauf Probe eingerichtet worden, nunist es gesetzlich verankert.1Drucksache 1/407414.05.199209.12.2004im AmtFoto: Archiv SLTHeiner SandigMdL (CDU)DAS AMT DES SÄCHSISCHENAUSLÄNDERBEAUFTRAGTENSSEIT1991IM RÜCKBLICKDrei Jahrzehnte Ausländerbeauftragter
29offenes-sachsen.deSchwerpunkte der Arbeit:RunderTisch Anerkennung, Untersuchungder Lebenssituation von Asylsuchenden»Heim-TÜV«, Netzwerkbildung.2010Das Projekt »Heim-TÜV« wird ent-wickelt. 30 Gemeinschasunterkünein Sachsen werden besucht undnach zehn festen Kriterien bewertet.Die Ergebnisse werden mithilfe einesAmpelsystems veranschaulicht:Grün:vorbildlichGelb:gut, jedoch mit HandlungsbedarfRot:dringender HandlungsbedarfZiel des Projekts ist es, die Qualitätder Unterküne kontinuierlichzu überprüfen und zu verbessern.Das Netzwerk Integration MigrationSachsen (NIMS) ndet sich erstmalszusammen. Dazu gehören Vereine,Initiativen, Projektträger, Beauragteund Beratungsstellen, die sich fürIntegration und Migration in Sachsenengagieren.2006Sachsen beteiligt sich am NationalenIntegrationsgipfel der Bundesregie-rung, der einen Integrationsplan für dieBundesregierung entwickeln soll.Das Kuratorium für ein weltoenesSachsen empehlt der LandesregierungMaßnahmen zur interkulturellenÖnung von Staat und Gesellscha.Mit der Veranstaltungsreihe »Die SABdt ein« wird die Bildungsarbeitweitergeführt. Sie knüpan das Projekt»Weltoenes Sachsen« an.2007Sachsen richtet erstmals die zentraleErönung der »Interkulturellen Woche«in der Frauenkirche aus. Die Initiativesoll das Zusammenleben von Deutschenund Zugewanderten verbessern undVorurteile abbauen.Der Nationale Integrationsplan wirdverabschiedet. Er enthält insgesamt400 Maßnahmen für Bund, Länder,Kommunen und nichtstaatliche Akteure.2009Im Juni wird erstmals der SächsischeIntegrationspreis verliehen. Bei einerFeierstunde im Sächsischen Landtagwerden herausragende Projekte zuden Themen Vielfalt, Teilhabe undIntegration gewürdigt und mit einemPreisgeld ausgezeichnet.Die Härtefallkommission wird gesetzlichverankert. Seit ihrer Gründung wurdenbis 2009 insgesamt 90 Anliegen mit256 Personen abschließend beraten. Für153 Personen konnte die Erteilung einerAufenthaltserlaubnis nach § 23a desAufenthaltsgesetzes bewirkt werden.Schwerpunkt der Arbeit ist dieBildung der Bevölkerung zumThema Migration und Integration;Hintergrund ist der Einzug derNPD in denSächsischen Landtag.2005Nach Inkratreten der Härtefallkom-missionsverordnung konstituiert sich dieSächsische Härtefallkommission am26. August. Unter der Leitung der gewähl-ten Vorsitzenden, der SächsischenAusländerbeauragten, kommt sie EndeOktober zum ersten Mal zur Erörterungvon Härtefällen zusammen.Die Veranstaltungsreihe »WeltoenesSachsen« in Zusammenarbeit mit derSächsischen Landeszentrale für poli-tische Bildung startet. Sie ist Teildes Schwerpunkts auf die Bildung derBevölkerung.Das IQ-Netzwerk Sachsen (»Integrationdurch Qualizierung«) wird ins Lebengerufen. Das Förderprogramm soll dieArbeitsmarktchancen für Menschenmit Migrationshintergrund verbessern.09.12.200409.12.2009im AmtFoto: Frank Höhler09.12.2009 – 17.12.2014im AmtFoto: Markus GulerFriederikede HaasMdL (CDU)Dr. MartinGilloMdL (CDU)
30JAHRESBERICHT 2024Der Runde Tisch »Anerkennungausländischer Berufsabschlüsse« wirdins Leben gerufen. Ziel ist es, eineEmpfehlung für ein sächsisches Gesetzzu erarbeiten, das die Anerkennungs-situation verbessert. Die Arbeit endet imJuni 2011. Der Bund bringt selbst einAnerkennungsgesetz auf den Weg.2011Die zweite Besuchsrunde des »Heim-TÜV«beginnt. Die Bewertungen der Unter-küne werden unter dem Titel „Mitmen-schen im Schatten.Heim-TÜV2011über das Leben in sächsischen Gemein-schasunterkünen« veröentlicht. SeitProjektbeginn verbessern sich siebenUnterküne von Rot auf Gelb. Drei derursprünglich als »Rot« bewerteten Unter-küne schließen.2013Die dritte Besuchsrunde des »Heim-TÜV«ndet statt. Dabei wird erstmals stärkerdie Perspektive der Bewohnerinnen undBewohner einbezogen. Die Ergebnisseerscheinen unter dem Titel »Hinschauenlohnt sich –Heim-TÜV2013 über dasLeben in chsischen Gemeinschas-unterkünen«.2014Aufgrund der Konflikte in Syrien undLibyen steigt die Zahl der Asylbewerberstark an von 6398 im Jahr 2013 auf11786 in 2014. Viele Kommunen sinddarauf nicht ausreichend vorbereitet.Gleichzeitig gewinnen fremdenfeindlicheBewegungen wie Pegida an Bedeutung.Die Ergebnisse des »Heim-TÜV« 2013werden unter der Drucksache 5/13948zur Beratung in den SächsischenLandtag eingebracht. Der »Heim-TÜV«bleibt bis dahin bundesweit einzigartig.Andere Bundesländer übernehmen dasKonzept.Erstmals verleiht der SächsischeAusländerbeauragte gemeinsam mitdem Deutschen KinderschutzbundSachsen den »Sterntaler«-Preis. Aus-gezeichnet werden Initiativen, diesich besondersr die Integration vonKindern, Jugendlichen und jungenErwachsenen in Sachsen engagieren.201742 Initiativen schließen sich zumDachverband sächsischer Migranten-organisationen zusammen. Diesersoll die Interessen von Migrantinnenund Migranten auf Landesebenevertreten und als ozieller Ansprech-partner fungieren.Der »Heim-TÜV« wird fortgeführt,da die Zahl der Aufnahmeeinrichtungenund Gemeinschasunterküne seit2015 stark gestiegen ist. Die Ergebnisseerscheinen im Bericht »Heim-TÜV 2017.Teil I: Evaluation der dezentralen Unter-bringung und der unteren Ausländer-behörden im Freistaat Sachsen«.2019Der »Heim-TÜV« zeigt weitere Ver-besserungen: Keine Unterkunwirdmehr als »unzumutbar« eingestu,und es gibt keine Verschlechterung derWerte. Der zweite Teil der Untersuchungerscheint unter dem Titel »Verwahrungoder Ankommen? Die Unterbringungs-situation in Sachsens Gemeinschas-unterkünen für Geflüchtete«.seit 17.12.2014im AmtFoto: Stephan FlossGeertMackenrothMdL (CDU)Schwerpunkt der Arbeit:Fortführungdes »Heim-TÜV« mit wissenschalicherBegleitung und Arbeitsmarktintegration2015Die »Flüchtlingskrise« stellt Sachsen vorgroße Herausforderungen. Die Zahlder Asylbewerber steigt drastisch – von11786 im Jahr 2014 auf 69900 in2015.Die Anzahl der Unterküne verdoppeltsich, während die Verwaltung untererheblichem Druck steht. Gleichzeitignehmen Angrie auf Geflüchtete undUnterküne zu.Die Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
31offenes-sachsen.deDas Dresdner Forschungswerk führte imAurag des Sächsischen Ausländer-beauragten eine zweistuge Befragungaller Personen durch, die in den Jahren2012 bis 2017 in Sachsen eingebürgertwurden. Das Fazit der Studie »SozialeLage und Integration der eingebürgertenMigranten in Sachsen«: Eingebürgertesind gut in Sachsen angekommen undauf allen Ebenen gut integriert.Der SAB wird Mitglied im neu gegründe-ten »Beirat bei der Ausreisegewahrsams-und Abschiebungshaeinrichtung«.Das Gremium setzt sich aus Vertreternder Zivilgesellscha, der Gemeinde,des Innenministeriums (SMI) und Land-tagsabgeordneten zusammen.2020Die Corona-Pandemie erschwert dieIntegration erheblich. Beratungsange-bote werden eingeschränkt und dieArbeitsmarktsituation für Zugewanderteverschlechtert sich drastisch. Dieszeigt eine Umfrage des SAB zu denAus-wirkungen der Pandemie auf Migrationund Integration.Die Pandemie beeinflusst die Arbeit desSächsischen Ausländerbeauragtendeutlich: Der Integrationspreis wird digitalverliehen und anstelle des Einbürge-rungsfestes wird für jeden neuen sächsi-schen Staatsbürger ein Baum gepflanzt.Das Sächsische Integrations- undTeilhabegesetz wird von den Regierungs-parteien CDU, SPD und Bündnisgrünenentworfen. In die Arbeitsschritte werdendie Fachöentlichkeit und der SABeingebunden. Damals gibt es in keinemanderen ostdeutschen Flächenlandein vergleichbares Gesetz.2022Der Ukrainekrieg stellt Sachsen vorneue Herausforderungen. Es fliehen etwa58000 Ukrainer nach Sachsen. DieEU-Sonderregelung, durch die ukrainischeGeflüchtete sofort einen gesichertenAufenthaltsstatus erhalten, führt zu einerÜberlastung der Ausländerbehördenund Kommunen.2023Die Arbeitsmarktintegration ukraini-scher Geflüchteter rückt in den Fokus.Die Einführung des »Job-Turbo« durchdie Bundesagentur für Arbeit und dasBundesministerium für Arbeit und Sozi-ales soll diesen Prozess beschleunigen.Mit der Veröentlichung von Teil 3 und4des »Heim-TÜV« wird die Bewertungder Unterküne für Schutzsuchende inder siebten Legislaturperiode abge-schlossen. Die Themenschwerpunkte derUntersuchungen sind die kommunaleUnterbringung von Asylsuchenden undgeduldeten Ausländern und die Aufnah-meeinrichtungen des Freistaats.2024Der Landtag beschließt das SächsischeIntegrations- und Teilhabegesetz. DasGesetz soll die Rechtsgrundlage für einegestärkte Integrationsarbeit im FreistaatSachsen bilden. Außerdem sieht esdie Umbenennung des SAB zum Säch-sischen Integrationsbeauragten vorund erweitert damit den Zuständigkeits-bereich des Amtsnachfolgers.Auf Bundesebene tritt die Moderni-sierung des Staatsangehörigkeitsrechtsin Kra. Hauptinhalte sind kürzere Vor-aufenthaltszeiten vor der Einbürgerungvon bisher acht auf fünf Jahre undeinemögliche Mehrstaatigkeit.Mit derWahl eines SächsischenIntegrationsbeauragten endet dasAmt des Sächsischen Ausländerbeauragten.
32JAHRESBERICHT 2024tet wenig Sinn. Zudem gibt es Azubi-Patenschaen, um die Qualität derAusbildung zu erhöhen. Dabei lernendie Azubis von den Paten, was inkeinem Lehrbuch steht. Die1000 klei-nen Dinge, die ein Branchenprosich im Laufe der Jahre erarbeitet underdacht hat, können in kurzer Zeitweitergegeben werden. Der Pate profi-tiert von einem Cash-Back-Modell, beidem er bis 100 Euro pro Patenschas-monat erhalten kann, wenn er esscha, den Lehrling nach seiner Aus-bildung im Unternehmen zu halten.Vor allem den ausländischen Azubishildas sehr. Von den aktuell 23 Aus-Genossenschahaben zwei klareRegeln für ihre ausländischen Mitar-beiter deniert: Regel Nummer einsist die Sprachprüfung B2 in Deutsch.Das ist eine gehobene Sprach-Mittel-stufe, die nötig ist, um im Berufsalltagkommunizieren zu können.Da Integration mit Akzeptanz zu tunhat, lautet die Regel Nummer zwei,jeder ausländische Mitarbeiter erlerntden Beruf komplett wie jeder andereim Unternehmen auch. Die Elektro-branche mit ihren sehr einschlägigendeutschen Regeln und Normen(DINVDE) erfordert das, Anerkennungeiner ausländischen Qualikation stif-Wer kennt das Wort Kolo-phonium? Klingt irgendwie nacheinem alten Musikinstrument,oder? Nein, es ist vor allem eintechnisches Flussmittel, welcheszum Weichlöten benötigt wird.Damit das Lötzinn auch tatsäch-lich auf dem heißen Draht hält.Heute wird es in der Leistungs-elektrik nicht mehr verwendet.Bei hohen Stromstärken könntedas Lötzinn schmelzen und Kurz-schlüsse verursachen, weder Großenhainer LehrausbilderHendrik Tetzner(42). Er drücktdem Lehrling Mohammad KazimMir (17) aus Pakistan ein Kabelin die Hand, und Kazim schiebteine Aderendhülse aus Metall überden feindrahtigen Leiter. Jetztkann er angeklemmt werden undder Schutzkontaktstecker istkorrekt angeschlossen.In der Lehrausbildung der Ge-nossenschaElektro Zent-rum Großenhain (EZGeG)lernt jeder alles von derPike auf. Darauf legtder Vorstandsvorsit-zender Marko König(49) sehr großenWert. Er und dieAzubi Justin, Lehrausbilder Hendrik Tetzner und Azubi Kazim | Foto: Norbert MillauerJeder ausländische Mitarbeiter muss die Sprach-prüfung B2 schaen und den Beruf von der Pike auferlernen. Das klappt erstaunlich gut.von Ulf MallekDIEZWEIREGELNDERGROSSEN-HAINER ELEKTRO-GENOSSENSCHAFTDie Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
33offenes-sachsen.de»Wir sind Handwerker«, sagt König.»Und wir geben unsere Erfahrungenan die neuen Generationen weiter.«In der neuen Lehrwerkstatt schraubtKazim aus Pakistan, der schonzehn Jahre in Deutschland lebt undhier die Schule besucht hat, alleskorrekt zusammen. Seine Brüder arbei-ten ebenfalls als Elektriker im Unter-nehmen, auch sein Vater ist Elektriker.Kazimndet den Beruf durch dieMöglichkeit, auf Montage zu gehen,so abwechslungsreich. Auch AzubiJustin Müller (17) schraubt den Schuko-stecker richtig zusammen. Lehraus-bilder Hendrik Tetzner nickt zufrieden.Schuki, ein stilisierter Schukostecker,ist übrigens das Maskottchen derinnovativen Lehrausbildung der Firma.Lehrausbilder Tetzner und seinemVorsitzenden König ist nicht bange umdieZukunihrer Branche. WennKazim ausgelernt hat, will er in derFirma bleiben.die gesamte Lehrlingsmannscha.Man könnte es sogar als ein Erfolgder Integration bezeichnen, derzurückkommt.Die EZGeG gewann im Jahr 2023 densächsischen Integrationspreis. DasPreisgeld von 3.000 Euro hat die Firmaverdoppelt und schüttet das Geld andrei bürgerschaliche Projekte in derRegion und an die acht Kitas aus,indenen Kinder der Mitarbeiter betreutwerden. Damit kam das Geld, das siefür die Arbeit mit ausländischen Mit-arbeitern erhielten, wieder der Regionzugute.Die Krise am Bau geht auch an denGroßenhainern nicht spurlos vorüber.Durch das gute Konzept der Fach-kräegewinnung blickt die Genossen-schajedoch positiv in die Zukun,aber mit einem wachsamen Auge. MitQualitätsarbeit haben sich die Großen-hainer einen guten Ruf erworben.zubildenden sind zwei Geüchtete,unter allen rund 120 Mitarbeiternhaben insgesamt 17 eine ausländischeHerkun. Das liegt deutlich über demDurchschnitt der Firmen im Land-kreis Meißen. Die Arbeitsmarktinteg-ration geüchteter Menschen bot derEZGeG eine zusätzliche Chance, demFachkräemangel Herr zu werden.Integration heißt für die Genossen-schaimmer faire Gleichberechti-gung. Deutsche und ausländischeKollegen sollen auf gleichem Levelarbeiten. Nur so geht es, sagt König.»Nur so stellen wir eine Akzeptanzuntereinander her.« Als ein Beispielnennt er Mouhamed (Name geändert)aus Afghanistan. Er wollte, obwohl erschon etwas älter war, die Ausbildungzum Elektroniker für Energie- undGebäudeelektrik in Großenhain begin-nen. König sagte zu ihm, sehr gern,aber nur, wenn er die Prüfung B2 inDeutsch scha. Mouhamed standkurz vor der Prüfung zur B2. Königstellte ihn ein. Doch nach vier MonatenProbezeit musste er wieder gehen,denn er hatte die B2-Prüfung nichtgescha. Ohne das B2 Level geht esnicht, sagt König. Auf der Baustellewird mehrmals täglich an einemgroßen Plan die detaillierte Arbeits-aufgabe erläutert. Das muss jederverstehen, sonst läudie Verkabelungfalsch.Mouhamed gab aber nicht auf,schae seine Deutschprüfung B2und dure noch einmal die Aus-bildung neu starten. Heute ist erausgebildeter Facharbeiter.Was Marko König positiv auällt, istdie Etikette, die die ausländischenMitarbeiter mit ins Unternehmenbringen. Höichkeit zum Beispiel,Respekt vorm Alter oder vor demVorgesetzten. Sie stehen auf, wennsie in einer Vorstellungsrunde be-grüßt werden. Ein gutes Beispiel fürAzubi Kazim an der Kabelwand | Foto: Norbert Millauer
34JAHRESBERICHT 2024Der Schwerpunkt der aktuellen Arbeitdes Landesbeauragten Arbeitsintegration ndetsich neu strukturiert auf seiner Homepage www.oenes-sachsen.de. Hier sind unter derRubrik Ausbildung& Arbeitverschiedene neueglichkeiten derArbeitsaufnahme aufberei-tet. Dazu gehören die Informationen fürEU-Arbeitnehmer, die Ausbildung und Beschäigungfür Geduldete, die Regelungen zur Fachkräeeinwanderung und der Arbeitsmarktzugang.Ähnlich wurde auch das Staatsangehörigkeitsrecht neu aufbereitet und dargestellt.Neue Kampagne zur ZuwanderungFür die oensichtlich notwendige Zuwanderung wirbt der Ausländerbeauragte seit demFrühjahr miteinem Kartenset»Zuwanderung –Ja bitte!«.Es benenntnicht vorrangigDezite,sondern stellt die Bereicherung der sächsischen Gesellschadurch ausländisch stämmigeArbeitnehmer in denVordergrund. Großer Beliebtheiterfreutsich dasKartenset zu Stamm-tischparolen, dass mit aktualisierten Fakten eine erneute Auage erfuhr. Im Vorfeld derEuropa- und Landtagswahlenwurden Faktenblätter mitstatistischen Angaben zum ThemaAsyl publiziert.Der Jahresbericht an das Parlament wird seit 2022 als elektronischer Bericht in Formeines Flipbookund alsbarrierefreies PDFzur Verfügunggestellt. Eingedruckter Berichtwurde zuletzt weniger als 50-mal abgefordert. nig wird der Jahresbericht nur nochelektronisch verfügbar sein. Der Statistikteil, der aufgrund der Datenerhebung erstim Herbsteines Jahres zurVerfügung gestellt werdenkann, sollnigständig verfügbar imInternet-angebot eingepegt werden.Foto: Markus GulerArgumentation und AustauschDIEARBEITDESSÄCHSISCHENAUSLÄNDERBEAUFTRAGTENDie Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
Foto: Uwe Söder35offenes-sachsen.deEingeladen waren die Eingebürgerten des Jahres 2023. InGlashütte nahm Geert Mackenroth auf dem »Sachsensofa«gemeinsam mit Ricarda Lang, der damaligen Bundesvor-sitzenden der Bündnisgrünen, Platz. Thema im NOMUSForum war »Weites Herz, begrenzte Möglichkeiten?  DasSachsenSofa zu Integration und Migration.«Herkunsländer bei rtefällen ändern sichDie Informationsmaterialien für die Härtefallkommissionwurden neu konzipiert. Neben der Broschüre für Beraterwurde das Infoblatt – bisherin Deutsch, Einfacher Spracheund als mehrsprachiges Infohe mit den aktuellenSprach-varianten Georgisch und Spanisch neu aufgesetzt. Das Info-heenthält nun neben sieben Sprachen auch die Variantein Einfacher Sprache und ein Ablaufschema.Aktiv in den Sozialen MedienFür die Publizierung in den sozialen Medien wurden neueVideos produziert, die beispielsweise die Arbeit der Härtefall-kommission oder das neue Einbürgerungsrecht erläutern.Bespielt wurden dieKanäle auf Facebook,Instagram, Youtubeund LinkedIn. DiePräsentation auf Twitterbzw. X wurdeein-geschränkt. Der mit der Website korrespondierende News-letter erfuhr einen Relaunch und wird nun durch die Ge-schässtelle über ein professionellesSystem versandt, dasder Datenschutzgrundverordnung entspricht. Dadurchsankdie Zahl von Fehlsendungen und Bounces auf nahe Null.Monatlich werden etwa1200 Multiplikatoren und Einzel-personen informiert. Die zwei großen Wettbewerbe habeneigene Präsentationen außerhalb der Internetpräsenz.Sterntalerpreiswww.sterntalerpreis.deSächsischer Integrationspreiswww.saechsischer-integrationspreis.deReger Abgrider PublikationenNeben den festen Verteilern im NetzwerkIntegration Migra-tion Sachsen, den Mandatsträgern, Partnern und Beraternund den Behörden auf Landes- und Regionalebene gingenüber das Onlinebestellsystem im Jahr 2024 insgesamtBestel-lungen für 11483 Publikationen ein.Begegnung und Austausch in der Landes-hauptstadt und den RegionenNeben den regionalen Begegnungen nahm derSAB an denVeranstaltungen zum Tag der oenen r im Landtag undDresden is(s)t bunt teil. Ein Höhepunkt war wieder dasEinbürgerungsfest, welches gemeinsam mit dem Sächsi-schen Staatsministerium des Innern ausgerichtet wurde.Januar171Publikationsbestellungen im Jahr2024)Februar198März2 475April498Mai511Juni397Juli449August1 119September3 200Oktober986November779Dezember700gesamt11 483
36JAHRESBERICHT 2024Aktuelle Entwicklungen und Ereignisse, europäische und bundesdeutsche Regelungennden sich auf den Themenlisten und in den Terminen der vernetzten Integrationsakteureund des Beauragten wieder. So verzeichnete Europavorzugsweise Spanien, aber auch dieBundesrepublik – einen verstärkten Andrang von Schutzsuchenden aus Venezuela. DasBundesamt für Migration und Flüchtlinge in Sachsen bekam vorzugsweise diese Gruppevon Antragstellern zugewiesen. Die Gruppe der Venezolaner organisierte sich relativ raschund brachte ihre Anliegen in die gesellschaliche Diskussion ein. Der Beauragte vermit-telte einen fachpolitischen Austausch mit Abgeordneten der im Landtag vertretenen Frak-tionen und dem SächsischenStaatsministerium des Innern. Grundsätzlichbemühen sich dieaus Venezuela geüchteten Lateinamerikaner umeinen dauerhaen Aufenthalt in Sachsen.Dazu durchlaufen alle Schutzsuchenden das Asylverfahrenbeim BAMF, dessen Entscheidunggrundsätzlich gilt. Gleichwohl sagte das Innenministerium zu, sich gerade im Hinblick auftatsächliche beruiche Perspektiven um Lösungen zu bemühen, die dem jeweiligen Einzelfallgerecht werden.Bezahlkarte und bessere Arbeitsgelegenheiten sind sinnvollAb April 2024 sollte inallenchsischen Landkreisen die Bezahlkarter Asylbewerber ein-geführt werden. Der Bund hatteim Februar eine Änderung imAsylbewerberleistungsgesetzbeschlossen, welche den Kommunen mehr Spielraumeinräumt, gemeinnützige Arbeitsgele-genheiten für Geüchtete zu schaen.Der chsische Ausländerbeauragte meldete sichinder aufkommenden Diskussionzu Wort undbefand die Regelungenr grundsätzlich richtig:»Die jetzige rechtliche Anpassung weitet die bisherigen Arbeitsmöglichkeiten aus. … Die»Heim-TÜV«-Studie hat klar gezeigt, dass Arbeitsgelegenheiten für Asylsuchende wichtigsind, um sich zu beschäigenund in den Alltag zustrukturieren.« Mackenroth wies außer-dem darauf hin, dass die Nachfrage das bisherige Angebot allerdings übersteige. Die Mög-lichkeiten in denEinrichtungen seien begrenzt.Jedoch könne dieneue Regelung Abhilfeundzugleich einen Mehrwert für die Kommunen schaen.Pressemitteilung des AusländerbeauragtenNetzwerktreen am 10. Juni 2025 | Foto: Markus GulerFachleute ins Gespräch bringenWISSEN AUSTAUSCHENDie Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
37offenes-sachsen.dedie Möglichkeiten, Einbürgerungsanträgeezienter zu bearbeiten. Der fachliche Leiterder E-Staatsangehörigkeit des Regierungspräsi-diums Darmstadt, Bernd Mitzkatis,stellte diedigitalisierte Bearbeitungsstreckeaus HessenalsBest-Practice-Beispiel vor. Darüber hinaus warvorallemdieReformdesStaatsangehörigkeitsrechtseinesderHauptthemenderVeranstaltung.DieDiskussionwardurchaus auch kontrovers, da auch das in der Praxis verein-zelt auretende Täuschungspotential besprochen wurde,was sich zu lasten der anderen Verfahren auswirkt. Nebender Aufstockung des Personalsbzw. der Vollbesetzung sehendie Teilnehmer die Bündelung der Verwaltungsvorgänge,die Digitalisierung und die Qualizierungdes Personals alsSchlüssel, um dem nach wie vor bestehenden Antragsstauzu begegnen. In jedem Fall seiaber eine persönliche Begeg-nung und ein Gespräch mit den Antragstellern Kern desVerfahrens und bleibe erforderlich.Reformen undrderungen in der PraxisAuch die Teilnehmer des Netzwerks Integration und Migra-tion Sachsen (NIMS) tauschten sich im Juni auf Einladungdes SächsischenAusländerbeauragten zuThemen vonAsyl-regelungen bis zur Integrationspraxisaus. Der Teilnehmer-kreis des landesweit agierenden Netzwerks wurde erneutbreiter und umfasste neben den Vereinen, Verbänden undKommunalvertretungen zunehmend auchHochschulen, Ins-titute und Unternehmenmit integrationsrelevanten Themen.Über 80 Teilnehmerinnenund Teilnehmer nutztendie Gele-genheit zum Wissenstransfer. Auf der Tagesordnung standdie Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems(GEAS) sowie der vorübergehende Schutz der Kriegsücht-linge aus der Ukraine.Dr. Holger Kolb vomSachverständigen-rat für Integration und Migration (SVR) berichtete über dieUmsetzung des Gesetzes undder Verordnung zur Weiterent-wicklung der Fachkräeeinwanderung, die im letzten Jahrverabschiedet wurden. Anschließendwurden Beispiele fürFördermöglichkeiten, wie der Asyl-, Migrations- und Integ-rationsfonds (AMIF) sowie der Anerkennungszuschussunddie Qualizierungsförderung des BMBF vorgestellt. Darüberhinaus präsentierte sich das Welcome Center Erzgebirgeund berichtete über die Arbeitsmarktintegration vor Ort.Persönlich betreuen und digitalbeschleunigen – die Situation in denEinbürgerungsbehördenEinbürgerungsverfahren sind keine Schnellverfahren. Zuunterschiedlich sind Lebensläufe, Lebensumstände, dieFamilien- und Einkommenssituation oder das Sprachver-mögen. Der Gesetzgeber fordert die Prüfung der Einbürge-rungsvoraussetzungen, der Identität und der persönlichenSituation der Antragstellervon den Behörden.Dieser Prozesskann ab Beginn gut ein Jahr dauern, zumal er von der Zu-arbeit von Dritten abhängig ist. Das gilt etwa dann, wennNachweise des Herkunslandes angefordert werden.Quali-ziertes und erfahrenes Personal inden Ausländerbehördenist knapp. Zudem haben diese Behörden nach den Belas-tungen während derCorona-Zeit ab 2020auch einen Großteilder administrativen Leistungenr ukrainische Schutzsu-chende seit 2022 zu stemmen. Hinzu kamen im Juni 2024die Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht. Im Oktoberlud der SächsischeAusländerbeauragte zum Fachaustauschzum ThemaEinbürgerung inden SächsischenLandtag ein.Nach dem Grußwort des Sächsischen Staatsministers desInnern, Armin Schuster, schilderten dieMitarbeiter der ver-schiedenen, meist überlasteten Ausländerbehörden aus ganzSachsen die aktuelle Situation der Behörden und besprachenDer Ausländerbeauragteinformiert auf TikTok zum neu-enStaatsangehörigkeitsrechtBild: SAB
38JAHRESBERICHT 2024Drei Preisträger und viele weiterePreiswürdigeEine sechsköpge Jury bestehend aus Vertreterinnen undVertretern der drei Preisträger aus dem vergangenen Jahrsowie der derzeitigen Marwa El Sherbini-Stipendiatin ermit-telte unter dem gemeinsamen Vorsitz der beiden Stier diePreisträger.Preisträger Sächsischer Integrationspreis 2024Wasserwacht der Koberbachtalsperre LangenhessenDie Wasserwacht gibt es seit 1999 im DRK KreisverbandZwickauer Land e.V. Sie hat etwa 300 Mitgliederaus mindes-tens sechs Nationen. Ab 2014 önete sich die Wasserwachtfür interkulturelle Beteiligung und Integrationsarbeit. Siewar Bestandteil des Werdauer Helferkreises 2015 und er-neut zu Beginn des Ukrainekrieges. Etwa 40Mitglieder derWasserwacht wurden allein aus den Reihen geüchteterUkrainer gewonnen.MITDEMWETTBEWERBWOLLENWIRPRAKTISCHEINTEGRATIONSICHTBARMACHEN.Die StifterIm Frühjahr 2009 schrieb die damalige Ausländerbeauragtezum ersten Mal einen Integrationspreis für sächsische Initia-tiven aus. Damals gewannen die AG Asylsuchende SächsischeSchweiz-Osterzgebirge, der InternationaleFrauen Leipzig e.V.und der SV Witzschdorf e.V. Die feierliche Preisverleihungerfolgt durch die Sächsische Ausländerbeauragte,Friederikede Haas MdL, und denMinisterpräsidenten des FreistaatesSachsen, Stanislaw Tillich MdL.Mittlerweile hat sich der Preis etabliert und wird seit 2010gemeinsam von der Sozialministerin und dem Ausländer-beauragten getragen. Die heutigen Stier, Integrations-ministerin Petra Köpping undAusländerbeauragter GeertMackenroth, initiierten den Wettbewerb bereits neunmalgemeinsam und prämierten zahlreiche Initiativen. So wirddie Arbeit der Aktiven vorOrt bekannter und gewürdigt. DerKreis der Bewerber undVorgeschlagenen stabilisiert und er-weitert sich seither ständig.Allein 74 Projekte stelltdie beglei-tende Dokumentation in diesem Jahr vor. Dazu gibt es eineinformative Website zum Wettbewerb, Videos im Internet,Posts und Verweise im Social Web. Die Gewinner erhaltenje 3.000 Euro Preisgeld für ihre weitere Arbeit. Neben derEhrung hilihnen die begleitende Öentlichkeitsarbeit inihrer Heimatregion. »Unser Standing hat enorm gewonnen.«,so eine ehemalige Preisträgerin, die in der Jury mitarbeitete.Alle Preisträger, Nominiertenund die übrigenProjektewerden sichtbarer und ihre Arbeit erfährt Wertschätzung.VONDERBETREUUNG VONNEUANGE-KOMMENENÜBERUNGLAUBLICHKREATIVEANGEBOTEBISHINZUREINBINDUNGVONFAMILIENANGEHÖRIGENVONANGE-WORBENENFACHKRÄFTEN.ICHWÜNSCHEMIRFÜRDIEPROJEKTEVIELENACHAHMER.GeertMackenrothDie Preisträger der WasserwachtLangenhessen wurden nach der Preis-übergabe interviewt. | Foto: Oliver KilligWETTBEWERBEMACHENINTEGRATIONSARBEITSICHTBARDie Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
39offenes-sachsen.deNetzwerk Fachkräe international e.V. aus PlauenDas Netzwerkkümmert sichseit 2018um dieRekrutierung,Auswahl, Einstellung (Ausbildungund Job) sowiedie Sprach-vermittlung und gesellschaliche Integration.  Hier wirdHilfestellung für kleine undmittlere Unternehmen gegeben,die in derRegel nicht dieKapazität haben, selbstRekrutierungund Integration zu bewerkstelligen.Paradiesorchester »Paradiesisch MusiziereDas 2015 gegründete Orchesterist ein Projekt ander Evange-lischen HochschuleDresden. Esheißt Geüchtetein Dresdenwillkommen und schaeinen geschützten Ort zum Musi-zieren. Im Zentrum stehen 45 Musikerinnen und Musikerunterschiedlicher Herkun, Sprache, Professionen undGe-nerationen. Alle Menschen imProjekt eint die Freudean derMusik und der Wunsch nach transkulturellem Austauschund Zusammenhalt. Einen Sonderpreis erhielt das Projekt»Deutschkurse im Lutherhof Crimmitschau«.Die Preisträger erhielten ihre Auszeichnung im Rahmeneiner Festveranstaltung im Plenarsaal des Sächsischen Land-tages. Für die musikalische Umrahmung des Abends sorgtedie Band CAMiNHO ausDresden mit akustischer lateiname-rikanischer Musik. Im Anschluss an die FeierstundebestandGelegenheit zum Austausch und zurVernetzung in der Lobbydes Hohen Hauses.Preisträger des Sächsischen Integrationspreises 2024Den Sterntalerpreis erhielt die Initiative»KOMMunity Kids« des Dresdner VereinsFamilie(n)leben e.V.Anlässlich des UN-Weltkindertages wurde der Sterntalerzum zehntenMal imRahmen einerFeierstunde überreicht.Stier des Preises sind der Deutsche KinderschutzbundLandesverband Sachsen und der Sächsische Ausländer-beauftragte. »KOMMunity Kids« ist seit 2023 Teil des Pro-jekts »KOMMunity« des Vereins Familie(n)leben e.V. ausDresden. Zwei hauptamtliche und mehrere ehrenamtlicheMitarbeiter schaen ein mehrsprachigesErzähl- und Spiel-angebot. Esndet im sozial stark belasteten Wohnquartier»Ferdinandhof« der Dresdner Altstadt alle 14 Tage statt.Dabei erreichen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwi-schen 30 und 40 Kinder und Jugendliche pro Veranstal-tung. Die Nachmittagsangebote sind auf ihre Interessenabgestimmt, wodurch ein vielfältiges Angebot entsteht. Indiesem Jahr sind die Veranstaltungen thematisch auf dasSachgebiet der Kinderrechte ausgerichtet.Weitere Informationen zum Preis und zuden Vorjahrespreis-trägern unterwww.sterntalerpreis.deNominierte fürdenSächsischen Integrationspreis 2024Deutschkurse Lutherhof CrimmitschauDiakonisches Werk Meißen, Bereich MigrationDRK KV Zwickauer Land e.V.Wasserwachtder Kobertalsperre LangenhessenElbland Service und Logistik GmbH»Es ist nicht leise in meinem Kopf«,Ausstellung –Unterstützerkreis SchwarzenbergFrauen in Arbeit FiA – LeipzigImmigrant Network – HoyerswerdaKinder- und Jugendring Landkreis LeipzigProjekt RadUp!Netzwerk Fachkräe international e.V.Plauen im VogtlandParadies Orchester –Evangelische Hochschule DresdenSisters – LandesarbeitsgemeinschaMädchenund junge FrauenSüdcafe der Bethlehemgemeinde LeipzigWillkommen in Bautzen e.V.Der Sterntaler 2024 ging an das Projekt KOMMUNITY KIDS. |Foto: Steen Giersch
40JAHRESBERICHT 2024schicke Zeile: im Erdgeschoss Bank,Versicherung, Geschär Trauringe,zwei städtische Ämter. Auf seinenanderen Seiten reihen sich neben demRundkino Erotikladen, syrische Kauf-halle und Restaurant, Café, Döner-laden und Spielcasino aneinander.Dazwischen hat seit 2019 der Vereinsein Familienzentrum Altstadt.Extreme Gegensätze prallen hier auf-einander. Wer sich in puncto Migran-ten mit Pauschalurteilen begnügt,hier fände er die einen wie dieanderenbestätigt. Auf der einen Seite Familienmit kleinen Kindern, die schreck-liche Lebensumstände hinter sich ge-lassen haben und sich ein Lebenohne Not und Krieg wünschen. Aufder anderen die kriminellen Ausländer,von denen die anderen Migrantendie Nase voll haben. »Manche trauensich nicht, ihre Kinder zum Spielenin den Hof zu lassen«, erzählt Hinze.Noch während sie spricht, wird es einpaar Meter entfernt laut. Zwei dunkel-haarige Männer stehen einanderdicht gegenüber. Heig stoßen siearabische Sätze aus, die über denHof hallen. Kollegin Annegret Mühlzieht ihr Mobiltelefon aus der Tascheund fragt vorsichtshalber nochmal bei der Polizei nach. »Eigentlichwissen die immer Bescheid, wennwir uns hier treen«, sagt sie. Aberman kann nie wissen.Einmal, als sie mit den Kindernhier spielten, rannte ein Mann querüber den Rasen, hinter ihm herFrauen vom Verein Familienlebendieses oene Angebot in der DresdnerInnenstadt.»So zentral, zugleich aber versteckt.Und durch die Zugänge von drei Seitenoen für alle«, so fasst Sozialpädago-gin Dorothee Hinze die Besonderheitdieses Flecks zusammen, die zugleichsein Problem ist. Unweit davonbenden sich mit Wiener Platz undPrager Straße zwei Kriminalitäts-schwerpunkte von Dresden.Mit den Augen eines Immobilien-maklers betrachtet, ist der sechseckigeFerdinandhof ein Kuriosum: Sozial-wohnungen in bester Citylage. DiePlattenbauten, unten Geschäe, obenWohnungen, sind in den 80er-Jahrenbegonnen und als Quartier Mitte der90er-Jahre zum Ferdinandplatz hingeschlossen worden. Dort unten eineGute Lage, beste Nachbarscha.Der Dresdner Ferdinandhof unweitder Einkaufsmeile Prager Straßeist ein Kuriosum – zugleich aberein Kriminalitätsschwerpunkt.Engagierte Sozialarbeiterinnenkümmern sich um die Kinder vonMigranten im Quartier.Zwei Mal im Monat gehört der Hofden Kindern. Tische und Bänke sindaufgestellt. Aus einem Topf dampKürbissuppe. Um die 30 Mädchen undJungen zwischen sechs und zwölf Jah-ren sind auf dem Rasen versammelt.Die einen üben sich im Seilspringen,die anderen bemalen Herbstblättermit Farbe und pressen sie auf Zeichen-karton. Sie alle sind mit ihren Fami-lien nach Deutschland geüchtet.Die meisten wohnen in den Neunge-schossern, die den Hof umschließen.»KOMMunity Kids« nennen dieFotos: Steen GierschKINDERLACHENAMTREFFPUNKTDER DEALERvon Tomas GärtnerDie Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
41offenes-sachsen.deoAblehnung erfahren. »Aber wennsie ins Erzählen kommen, seheich manchmal ihre Augen leuchten.«Das Projekt KOMMunity Kids umfasstauch Ausüge, wie Annegret Mühlerzählt. In die Kinderbiennale im Japa-nischen Palais, in den Rosengarten,das Erich-Kästner-Museum oder zurParkeisenbahn im Großen Garten.Oder sie lauschen bei der »LebendigenBibliothek« Menschen, die etwas vonsich erzählen. Im InternationalenSchreibcafé bekommen sie Aufgabengestellt, wie zum Beispiel: »Stellteuch vor, ihr erwacht, verwandelt inein Tier. Wie verbringt ihr da eurenTag?« Jeder notiert das in seiner Mut-tersprache. Arabisch kann das sein,Persisch, Ukrainisch, Polnisch,Russisch, Lettisch, auch Spanisch,sogar Mandarin.Rama Alhasan übersetzt aus demArabischen ins Deutsche. Die Mit-arbeiterin des Vereins ist 2019 ausSyrien nach Dresden gekommen.»Ob der Text traurig oder fröhlich ist,hören die anderen osofort, obwohlsie noch gar nicht wissen, worum esdarin geht.«herumliegen, seien die Kinder schongewöhnt, erzählt Annegret Mühl.Nur, wenn es mal zehn auf einenHaufen seien, ekelten sie sich. Bevorsie zu ihrem Nachmittag einladen,umen sie den herumliegenden Müllimmer weg.Zwei Läufer, auf den Rasen gebreitet,werden zuiegenden Teppichenfür Gedanken. Vor Dorothee Hinzekann sich darauf immer eines derKinder setzen und sich an einen ent-fernten Ort wünschen. r die einenkann das ein Stadion mit einem be-kannten Fußballstar oder ein Luxus-hotel in Dubai sein. »Was sie ebenso über die sozialen Netzwerke ken-nenlernen.« Oder der Herkunsortder Familie. »Dann frage ich das Kind:Was siehst du? Ach so, die Oma inder Küche. Wonach riecht es da? Mitunserem Erzählteppichiegen wirso zu ihrem Herzensort. Solche Phan-tasie-Reisen können Glückshormoneausschütten. Aber es kann auchdas Grab des Onkels sein, das wir be-suchen. Das lasse ich dann so stehen,dringe nicht tiefer. Es ist keine Thera-pie. Wir schenken den Kindern Zeitund Vertrauen, sie werden gehört undernst genommen.« In ihrem Alltagwürden die Kinder und ihre Familieneiner, der eine Schlagkette schwang.Annegret Mühl kann die Einschuss-löcher in einer der Hintertüren zeigen.Die alarmierten Polizisten fandeneine Wae – eine Schreckschusspis-tole. »Eine schreckliche Umgebun,sagt sie. »Aber wir machen das gerne.Auch wenn es wohl nur ein Tropfenauf den heißen Stein ist.«Die beiden Männer haben sich wiederberuhigt. Nun wandern Päckchenund Geld zwischen ihren Händen hinund her. Im Schutz der Platten-bauten werde häug gedealt, erzähltAnnegret Mühl. Manchmal nntensie die Marihuana-Schwadenriechen, die aus dem Spielcasinoherüberziehen.Der Spielplatz in der Mitte desHofes ist seit Sommer 2023 gesperrt.Verantwortlich fühlt sich niemand.Die Besitzverhältnisse scheinenverzwickt. Judith von Bullion, Mitar-beiterin des Familienzentrums,versucht sie zu erklären: Der Hofgehöre der Stadt, die ihn einstan Vonovia, den Besitzer der meistenuser, verpachtete. Der Konzernaber habe die Häuser mittlerweile aneine andere Immobiliengesellschaverkau. An einzelne tote Ratten, die
42JAHRESBERICHT 2024Beteiligung des SächsischenAusnderbeauragtenIm Jahr 2024 nahm der Sächsische Ausländerbeauragtezu sechsPetitionen gegenüberdem PetitionsausschussdesSächsischen Landtages Stellung. Die Petitionen hatten dabeiaufenthaltsrechtliche Problemlagen, wie beispielsweiseEr-teilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne Nachholung desVisumverfahrens, Aussetzung von Abschiebungenoder dieFeststellung der Behördenzuständigkeit zum Gegenstand.Auällig ist, dass es sich bei der Häle der Petitionen um dieAussetzung der Abschiebung vonbestimmten Personengrup-pen handelte –Jesiden aus demIrak, Iraner undVenezolaner.Der Sächsische Ausländerbeauragte vertritt – so sieht esdas Gesetz über den Sächsischen Ausländerbeauragtenvor – die Interessen der im Freistaat Sachsen lebendenAusländer und Ausländerinnen. Umdiese Aufgabe zu erfül-len, wird der Sächsische Ausländerbeauragte bei Petitionenmit ausländerrechtlichemBezug undbei Gesetzentwürfen,Verordnungen, Richtlinien sowie Erlassender Staatsregierungbeteiligt. Daneben wenden sicheine Vielzahl von Einzelper-sonen – Migranten, ehrenamtliche Helfer, Abgeordnete undUnternehmer – mit Fragen und Anliegen an den SächsischenAusländerbeauragten, die die Lebensverhältnisseund Auf-enthaltssituation von Ausländern und Ausländerinnen imFreistaat Sachsen betreen.Treen mit Vertretern der Venezolaner in Sachsen | Foto: Markus GulerStellungnahmen zu Petitionen und Gesetzentwürfen,Einzelfälle, HärtefallanliegenBERATUNG UNDBETEILIGUNGDie Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
43offenes-sachsen.deHärtefallanliegenIn seiner Eigenschaals Mitglied der Sächsischen Härte-fallkommission wenden sich viele Betroene an den Aus-länderbeauragten und die Geschässtelle mit der Bitte,die Möglichkeit eines Härtefallverfahrens zu prüfen. 2024ersuchten in 100 Fällen (2023: 63 Anliegen)die Betroenenum Informationen zum Härtefallverfahren. Der SächsischeAusländerbeauragte stellte davon inzwölf Fällen (2023: 9),die weiterenMitglieder inzehn Fälleneinen Härtefallantrag.Bei weiteren Anliegen konnte entweder auf anderweitigeaufenthaltsrechtliche Möglichkeiten verwiesen werden,weildiese beispielsweise noch nicht ausgeschöpwaren, oderes war ein Ausschlussgrund nach der Härtefallkommissi-onsverordnung gegeben. Einige der vollziehbar ausreise-pichtigen Betroenen, für die keine Erfolgsaussichten imHärtefallverfahren bestanden, wurden auf die Möglichkeitder freiwilligen Ausreise hingewiesen.In diesem Zusammen-hang wird ihnen gegebenenfalls auch die Wiedereinreisemit einem entsprechenden Visum erläutert.Die Prüfung der Anfragen setzt einen intensiven Kontaktmit den Betroenen,Unterstützern, Behörden, gegebenen-falls Rechtsanwälten und Beratungsstellen voraus.IndiesemRahmenwerdendieLebenssi-tuation der Betroenen, die Zuwande-rungsgeschichte undihre bisherigeEntwicklung inDeutschlandaufgeklärt. Zudem werdenandere aufenthaltsrecht-liche Möglichkeitengeprü.Der Beauragte vertrat dazu teilweise eine dierenzierteAuassung und regte an, dassinsbesondere die Forderungnach Abschiebungsverboten weiter geprüund gegebenen-falls im Rahmen der Innenministerkonferenz thematisiertwerden sollte.Der Sächsische Ausländerbeauragte wurde im Jahr 2024bei der Novellierung der Sächsischen Härtefallkommissions-verordnung, der Neufassung der VerwaltungsvorschrizumStaatsangehörigkeitsrecht undbeim Erlassder Kommunal-integrationsarbeitsverordnung, die das SächsischeIntegra-tions- und Teilhabegesetz ergänzt, beteiligt.Beratung und InformationDie Fälle, diean den SächsischenAusländerbeauragten unddie Geschässtelle herangetragen werden, sind vielfältig.Im Jahr 2024gingen Anfragen von80 Einzelpersonen ein,diebehandelt bzw. beantwortet wurden (2019: 123; 2020: 90;2021: 99; 2022: 90;2023: 82). Die Anfragenbetrafen zu etwa34 Prozent Fragestellungen zum Aufenthalt in Deutschland(Aufenthaltstitel, Niederlassungserlaubnis, Abschiebung).Circa 19 Prozent der Anfragenbezogen sich auf die Staatsan-gehörigkeit bzw.das Einbürgerungsverfahren.Etwa 16Prozentbefassten sich mit der familiären Lebenssituation(Besuch,Familiennachzug, Visum, Eheschließung). Rund15 Prozenthatten Problemlagen im Bereich derBeschäigung (Arbeit,Ausbildung, Anerkennung vonSchul- und Berufsabschlüs-sen), 9 Prozent im Bereich Soziales (bspw. Anerkennungder Ehe, Mietvertragsfragen) und 7 Prozent die Wohnsitua-tion oder Sonstiges zum Gegenstand.Einzelanliegen werden in der Regel durch Kontakt mit denentsprechenden behördlichen Stellen geprü.Je nach Sach-verhalt werden Stellungnahmen eingeholt undes wird eineeinvernehmliche Klärung angestrebt. In anderenFällen wer-den Kontakte und Informationen vermittelt.Über die recht-lichen glichkeiten wird imRahmen des gesetzlichen Auf-trages des Ausländerbeauragten informiert: Dies betriauch den Hinweis auf ein mögliches Petitionsverfahren.Die täglichen einfachen telefonischen oder persönlichenVorsprachen werden nicht immer gesondert erfasst. In derMehrzahl erfolgt die Beantwortung durch Vermittlung anregionale Ansprechpartner, Ausküne oder Hinweise aufweiterführende Informationen.Ausbildung und Betreuung | Foto: Jugend und Bildung GmbH Heidenau
44JAHRESBERICHT 2024Die Sächsische Härtefallkom-mission beriet imJahr 2024 überviele Einzelschicksale, in denentrotz des in Kragetretenen Chan-cenaufenthaltsrechts und der her-abgesetzten Voraufenthaltszeiten fürdie Erteilung einer Aufenthaltserlaub-nis für gutintegrierte Jugendliche oderErwachsene eine Bleibeperspektive ohneHärtefallverfahren nicht gegeben war.Jeder Fall wird innerhalb der Kommission indi-viduell betrachtet. Das Augenmerk liegt neben derkonkreten Lebenssituation derBetroenen auf derbishererreichten und zuerwartenden Integrationsleistung. Dabeiwerden für die Entscheidung insbesondere die Sprachent-wicklung, dieLebensunterhaltssicherung, dassoziale Umfeldund die bisherige Aufenthaltsdauer einbezogen. DasVotumjedes einzelnen Mitglieds ist das Ergebnis einesinneren Ab-wägungsprozesses, der die Gesamtsituation der Betroenenberücksichtigt.Seit Juni 2024 arbeitet die Sächsische Härtefallkommissionauf der Grundlageder novellierten Härtefallkommissionsver-ordnung. Die Überarbeitung der Kommissionsverordnungsah der Koalitionsvertragfür die 7.Legislaturperiode zwischenCDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen vor. Die novellierteKommissionsverordnung1sieht längere Befassungsfristenvon vier Monaten und die Möglichkeit der Verlängerung umweitere vier Monate vor. Mitglieder und Behörden nnendie Sachverhalte so sachgerecht und umfassendaufarbeiten.Die Ausschlussgründe wurden bereinigt und angepasst.Zu-dem soll die Kommission paritätisch mit Frauen und Män-nern besetztwerden. EinMitglied sollMigrationshintergrundaufweisen.Kurz & knapp erklärt:Wie funktioniert ein Härtefallverfahren?1https://www.revosax.sachsen.de/vorschri/11449.4Bilanz 2024Im Jahr 2024 beschäigte sichdie Sächsische rtefallkom-mission in acht Sitzungen mit insgesamt 43 llen, wobei31 Anträge imBerichtsjahr und 12Anträge im Vorjahrgestelltwurden. Die Anträge betrafen insgesamt 73 Personen, dar-unter 20 Kinder. Insgesamt43 Anträge reichten dieMitglie-der im Jahr 2024 in die Kommission ein; über zehn verblei-bende Anträge berätdie Kommission in2025. Zwei Anträgekonnten aufgrund absoluter Ausschlussgründe nicht behan-delt werden.Härtefallkommision: Familiäre Situation -Aufenthaltsdauer - Zuständigkeit derAusländerbehörenFoto: Markus GulerARBEITDER SÄCHSISCHENHÄRTEFALLKOMMISSIONDie Sächsische Härtefallkommission
45offenes-sachsen.deSeit 2016 war die Zahl der Härtefallanträge zunächst stetiggestiegen. 2021 und2022 waren dieFallzahlen im Vergleichzu 2020 rückläug. 2023 (44) stiegen die Antragszahlen imVergleich zu 2022 wieder leicht an und hielten sich 2024auf dem Vorjahresniveau.In 17 Fällen aus dem Jahr 2024 richtete der Vorsitzende nacheiner positiven Entscheidung der Härtefallkommission einErsuchen an den SächsischenStaatsminister des Innern. Dasbetraf insgesamt30 Personen,darunter 9Kinder. DerSäch-sische Staatsminister des Innern entsprach den Ersuchenbislang in 14 Fällen.Folgt der chsische StaatsministerdesInnern den Ersuchen, ordnet er die Erteilung einer Aufent-haltserlaubnis für ein bis drei Jahre an. Indrei weiteren Fällenwurden abschließende Entscheidungen noch nicht getroen.In zwei llenkonnte sich dieKommission wegen absoluterAusschlussgründe nicht mitdem Antrag befassen.So befasstsich die Kommission zumBeispiel nicht mit Verfahren,wennsich die Sach- undRechtslage nicht wesentlich zugunstenderDaten derJahre2015 – 2024 imÜberblickQuelle: Eigene Berechnungen.0255075100125150175200BetroffeneAnordnungennach §23aAufenthGBetroffenertefall-ersuchenRücknahmenBetroffeneAnträge2015201620172018201920202021202220232024Betroenen geändert hat, nachdem die Härtefallkommissionden Fall bereits zuvor beraten hatte.In fünfFällen kamdie erforderlicheMehrheit inder Kommis-sion für ein Ersuchen an den Staatsminister nicht zustande.Neun Anträge nahmen die Einreichendenzurück, weil sichbeispielsweise eine andere aufenthaltsrechtliche sungabzeichnete.Über 12 Anträge der 44 aus2023 entschied die Kommis-sion im Jahr 2024. Vier Anträgedavon nahmen dieEinreichenden zurück. Invier Fällen richtetedieKommission ein erfolgreichesHärtefallersu-chen an den Staatsminister des Innern.In vier weiteren Fällen kam dieerforder-liche Mehrheit für einErsuchen nichtzustande.
46JAHRESBERICHT 2024Der Sächsische Ausländerbeauragte ist kraGesetzes Mitglied der Sächsischen Härtefall-kommission und damit antragsberechtigtim Härtefallverfahren. Er istzudem der gewählteVorsitzende der Sächsischen Härtefallkommission. Mit der Wahl einer oder eines SächsischenIntegrationsbeauragten durch den SächsischenLandtag wird diese oderdieser die Mit-gliedschain der Härtefallkommission übernehmen. Die Geschässtelle der Sächsischenrtefallkommission, dier die Bearbeitungder Anträge und die organisatorischenAbufe des Härtefallverfahrens verantwortlich ist, ist an die Geschässtelle desSächsischen Ausländerbeauragten angebunden.Foto: Markus GulerARBEITSWEISEDERHÄRTEFALLKOMMISSIONDie Sächsische Härtefallkommission
47offenes-sachsen.deDie MitgliederIm Jahr 2024 nahmenhauptvertretend der Säch-sische Ausländerbeauragte Geert Mackenrothals gewählter Vorsitzender der Härtefallkommission,Verwaltungsoberrat René Burk für den SächsischenLandkreistag, Oberkirchenrat Timo Haase für die evangeli-sche Landeskirche Sachsen, Mechthild Gatter fürdas BistumDresden-Meißen, Jörg Eichler für den Sächsischen Flücht-lingsrat und Karlheinz Petersenfür die Liga derfreien Wohl-fahrtspege die Mitgliedschain der Härtefallkommissionwahr. Als Vertreter desSächsischen Staatsministeriums desInnern üben Ministerialrat Axel Meyer, für das Staatsmi-nisterium für Sozialesund Gesellschalichen ZusammenhaltMinisterialrat Thomas Weigel und JanPratzka, Beigeordneterfür Wirtscha, Digitales, Personal und Sicherheit der Landes-hauptstadt Dresden als Vertreter des Sächsischen Städte-und Gemeindetages das Ehrenamt aus.Die Härtefallkommission befasst sich mit llen, in denenein Asylantrag abgelehnt wurde, beziehungsweise die Be-troenen nichtoder nichtmehr übereinen Aufenthaltstitelverfügen, also vollziehbar ausreisepichtig sind. In Fällen,in denen es gewichtige Gründe dafür gibt, dass der Aus-länder in Deutschland bleiben sollte, kann über die Härte-fallkommission unter Umständen ein solches Bleiberechtüber ein Ersuchen an den Sächsischen Innenminister er-wirkt werden. DieRegelung des § 23a Aufenthaltsgesetzweicht von den sonstigen Vorgaben des Aufenthaltsgeset-zes ab. Dem Härtefallverfahren immanent ist der Gedankeder Subsidiarität. Gibt es andere Möglichkeiten nach demAufenthaltsgesetz, einen Aufenthaltstitel zu erlangen oderdie Vollziehbarkeitder Ausreisepichtabzuwenden, sosol-len diesein derRegel vorrangiggeprüundgenutzt werden.Im Interesse derBetroenen ist eingutes Zusammenspiel al-ler Beteiligten – Ausländer, Härtefallkommissionsmitglied,Unterstützer, aber auch Ausländerbehörde – erforderlich,umeinen sachgerechten Weg beschreiten zu können.Nur ein Mitglied der Härtefallkommission kann diese ver-anlassen, sich mit dem Anliegen eines Ausländers zu beschäf-tigen (Selbstbefassungsantrag). Der oder die Betreendemuss ein Mitgliedder Härtefallkommission seinerbzw. ihrerWahl dafür gewinnen, den Fall vor die Härtefallkommissionzu bringen. Ein Recht auf Befassung durch die Härtefall-kommission besteht nicht.Mit Eingang des Selbstbefassungsantrags beim Vorsitzendenbeginnt das Verfahren. Zu dem Antrag nimmt die zuständigeAusländerbehörde Stellung. Wenn der Vorsitzende keinenabsoluten Ausschlussgrund nach derSächsischen rtefall-kommissionsverordnung feststellt, wird die AngelegenheitGegenstand der chstmöglichen Sitzungder rtefallkom-mission. Für die Dauerdes Härtefallverfahrens sind aufent-haltsbeendende Maßnahmen ausgesetzt.Stellt die Härtefallkommission mit der Mehrheit von zweiDritteln ihrer neun Mitglieder fest, dass trotz vollziehbarerAusreisepicht des Ausländers dringendehumanitäre oderpersönliche Gründeseine weitereAnwesenheit imBundes-gebiet rechtfertigen, bittet derVorsitzende der Härtefallkom-mission den Sächsischen Staatsminister des Innern, dieErteilung einer Aufenthaltserlaubnis anzuordnen. Die Letzt-entscheidung in einem Härtefall obliegt demStaatsministerdes Innern.Die Sitzungen der Härtefallkommissionnden nichtöent-lich statt. DieMitglieder entscheiden weisungsunabhängigund nach ihrer freien Überzeugung.Erklärvideo der Kommissionbei Youtube| Foto: SAB
48JAHRESBERICHT 2024zustandes konnte er sein Studiumnicht weiterverfolgen. Er leidet aneinem Hirntumor und muss sich einerChemotherapie und Strahlenbehand-lung unterziehen. Tumor und Therapiebedingen, dass er in seiner Mobilitäteingeschränkt ist. Nebenwirkungender Medikamente verursachen An-triebsarmut und Depressionen. Dasser eineneigenen Beitrag zum Lebens-unterhaltleisten kann, ist nicht zuerwarten. DieLebenserwartung wurdeauf Monate bis wenige Jahre geschätzt.Aufgrunddes Voraufenthalts in derSlowakei kamein Aufenthalt nach§24 AufenthG nicht in Betracht. DieKommission erkannte die persön-liche Notsituation und sprach sich inder Gesamtabwägung aller Umständefür einen Härtefall aus. Aufgrunddes sich verschlechternden Gesund-Gründe, den Härtefall festzustellen,können nicht abstrakt und schon garnicht abschließend deniert werden.Eskommt auf den jeweiligen Einzel-fall und die Besonderheiten, die derFallaufweist, an. Mögliche Gründe,die füreine Härtefallentscheidungsprechen, können beispielsweisesein:langjähriger Aufenthaltin Deutschlandnachhaltige Integrationim Bundesgebietfehlende Bindungen zumHerkunslandschwere KrankheitSo wurde in den folgendenFallkonstellationen nachpositiver Entscheidung derKommission ein Aufent-haltstitel erteilt:Ein aus der Ukraine stammender21-jähriger Mann reiste im Mai 2024ins Bundesgebiet ein. Seine Mutterund sein jüngerer Bruder lebtenbereits seit dem AngriRuss-lands auf die Ukraine inDeutschland. Zuvor hieltsich der junge Mannzu Studienzwecken inder Slowakei auf.Aufgrund seines sichrasch verschlech-ternden Gesundheits-heitszustands bedure es einerschnellen Klärung der aufenthalts-rechtlichen Situation.Eine kasachische Staatsangehörigereiste im Jahr 2000 mit ihrem deut-schen Ehemann und dem gemeinsa-men Sohnnach Deutschland ein.Eine Tochter wurde in Deutschlandgeboren. Nach der Scheidung desPaares war die Betroene zunächstwegen der elterlichenSorge für dieKinder geduldet. Diese haben diedeutsche Staatsangehörigkeit. Mitder Volljährigkeit und dem Auszugder Tochter aus der mütterlichenWohnung entelen die Duldungsgn-de. Der geschiedene Ehemannkämpe immer wieder mit Drogen-unddaraus resultierenden gesund-heitlichen Problemen und erfuhr auchFoto: Steen GierschBEISPIELEAUS DERENTSCHEIDUNGSPRAXISDERHÄRTEFALLKOMMISSIONDie Sächsische Härtefallkommission
49offenes-sachsen.demit der Aussicht auf eine abweichen-de Entscheidung des Staatsministeri-ums des Innern war nicht erkennbar.Ein Härtefallantrag soll als letzte Mög-lichkeit angestrebt werden, um einepersönliche oder humanitäre Härte zuvermeiden. Im vergangenen Jahrwurden neun Anträge zurückgenom-men. Dies geschieht u.a. in llen,in denen sich eine andere aufenthalts-rechtliche Möglichkeit erönet.So zum Beispiel bei einem venezola-nischen Staatsangehörigen. Derjunge Mann reiste im März 2023 nachDeutschland ein und durchlief er-folglos ein Asylverfahren. Innerhalbkürzester Zeit erwarb er jedochsprachliche Kenntnisse und beganneine Ausbildung. Zwischenzeit-lich erfüllte der junge Mann dieVorduldungszeiten füreine Ausbildungsduldung,sodass es einer Ent-scheidung im Härtefall-verfahren letztlichnicht bedure.eine Mehrheit für ein Ersuchen fürMutter und Sohn. Die schulischeund sprachliche Integration des Kindesund die beruiche Perspektive derMutter trotz schwerer gesundheitlicherEinschränkungen wurden als drin-gende humanitäre und persönlicheGründe angesehen. Der Staatsmi-nister des Innern folgte dem Ersuchennicht. Mutter und Sohn wurdenabgeschoben.2023 kehrten Mutter und Sohn, derVater war zwischenzeitlich verstorben,nach Deutschland zurück. Der Asyl-folgeantrag wurde abgelehnt. Eineerneute Befassung der Härtefallkom-mission, die beantragt worden war,scheiterte daran, dass der Vorsitzendeabsolute Ausschlussgründe feststellte.Die Kommission befasst sich nichtmit Anträgen, über die sie bereits ent-schieden hat. Dies ist nur möglich,wenn sich die Sach- und Rechtslagewesentlich zugunsten des Ausländersoder der Ausländerin geändert hat.Eine wesentliche Änderung des Sach-verhalts zu gunsten der Betroenennachder Scheidung Fürsorge undHilfedurch die ehemalige Frau.Durch eigenen Alkoholmissbrauchleidet die Frau unter körperlichenund mentalen Einschränkungen. Ihrbeständiges Bemühen um Arbeit,der lange Aufenthalt in Deutschland,die familiäre Anbindung und Ver-bundenheit im Bundesgebiet, dieberuiche Perspektivlosigkeit, vordersie bei einer Rückkehr stünde,stellten für die Kommission einebesondere Härte im Falle einer Auf-enthaltsbeendigung dar.Keine Mehrheit fandin der Kommission derfolgende Antrag:Eine tunesische Staatsangehörigereiste im Sommer 2018 nach Deutsch-land ein. Der Asylantrag blieb er-folglos. Den erlebten persönlichenSchicksalsschlägen der Frau standengeringgige strafrechtliche Verur-teilungen und die fehlende Lebens-unterhaltssicherung gegenüber.In Würdigung der Gesamtumständeerreichte der Härtefallantrag nichtdie erforderliche Mehrheit für einErsuchen an den Staatsminister desInnern.In dem nachfolgendenFall stellte der Vorsitzendeder Kommission einenabsoluten Ausschlussgrundnach der Kommissions-verordnung fest:Für eine aus Georgien stammendeFamilie wurde bereits im Jahr 2019ein Härtefallverfahren durchgeführt.Die Familie bestand damals ausden Eltern und dem gemeinsamenSohn. Nach der Erklärung desMannes, freiwillig ausreisen zu wol-len,fand sich in der KommissionFoto: Markus Guler
50JAHRESBERICHT 2024Drittens nehmen natürlich auch von AbschiebungbedrohteMenschen direkt mit mir Kontakt auf. Das ist in der Regeldie schwierigste Variante, weil odie Möglichkeiten unddie Rahmenbedingungen der HFKverkannt werden und esmanchmal sehr aufwändig ist, bis alle erforderlichen Unter-lagen nach meiner Checkliste etwa zu Arbeit, Sprachver-mögen oder Integrationsleistungen beigebracht werden.Wie geht es dann weiter, wenn Sie der Meinungsind, einen Antrag einreichen zu wollen unddie Chance besteht, dass die weiteren Mitgliederder HFK für einHärtefallersuchen an dasSächsische Innenministerium votierenkönnten?MEINGRUNDSATZIST:ICHWILLDIELEUTESEHEN.Im persönlichen Gespräch muss ichein Gefühl bekommen,wer mir gegenübersitzt. Ich kann nur für jemanden in derBeratung argumentieren, von dessen Geschichte und Pers-pektive ichüberzeugt bin.Eine Entscheidungaufgrund derAktenlage kommt für mich nicht in frage. Das heißt, ich fahrehin oder wirtreen uns. Daskostet Zeit, aberdas ist ebenso.Sprache, Arbeit bzw. Unabhängigkeitvon Sozialleistungenund Engagementin unsererGesellschasind fürmich wich-tige Punkte. Ich checke auch ab, ob die aufenthaltsrechtlichenglichkeiten ausgeschöpwurden.Mir ist wichtig,dass dieMenschen auch wissen, wer ich bin,was mir wichtig ist undwarum ich solche Fragen stelle. Ich brauche gute Argumenteund ich geheerst in dieKommission, wenn ichüberzeugt bin:Ich habe gute Argumente, dieder Kommissionsverordnungauch entsprechen.Halten Sie das Instrument der HFK für zeitgemäß?Waskönnte leichter gehen?Die Möglichkeiten des humanitären Bleiberechts sind sehrsinnvoll. Ich glaube, es ist gut,denn es gibt Konstellationenund Entwicklungen, dienicht durch gesetzlicheRegelungenMechthild Gatter ist seit dem 15. November2017 für dasBistum Dresden-Meißen in der Sächsischen Härtefall-kommission. Sie folgte auf PrälatHellmut Puschmann.Beide sind eng mit demCaritasverband im Bistum ver-bunden. Puschmann hatte sie auch dazu bewegt, seinEngagement fortzuführen. Hauptamtlich ist sie Abtei-lungsleiterin Fachberatung und Sozialpolitik im Diöze-sanverband. Die Arbeit für die Härtefallkommissionsei aber ehrenamtlich, betont sie im Gespräch. IhremDienstgeber sei sie dabei nicht verpichtet.Frau Gatter, ein Klientkann nicht selbstständigeinen Antrag zur Beratung einbringen, sondernmuss ein Kommissionsmitglied gewinnen und vonseinemFall überzeugen. Auf welchenWegenerreichen Sie die Klienten?Erstens gibt es engagierte Anwälte, die die engen Grenzen,aber auch Chancen des Verfahrens kennen und mir dieSachlage in derRegel gut aufbereitetmit ihrem Mandantenantragen. Teilweisenden sich in den Unterlagen sogar Doku-mentationen der Tagesabläufe der Klienten. Das hilmirdabei, mir eingutes Bild vonder familiären Situationund denIntegrationsbemühungen machen zu können. Zweitensgibtes Migrationsberatungsstellen, die Menschenauf die rte-fallkommission hinweisen, wenn alle Rechtswege gegangensind und keine andere Chance sichtbar ist.Mechthild Gatter ist r die Katholische Kirche in der Härtefallkommission |Foto: Andreas SchuppertCaritasverband für das Bistum Dresden-Meißen e.V.INTERVIEW MITMECHTHILDGATTERDie Sächsische Härtefallkommission
51offenes-sachsen.deDie Sitzungen der HFK sind zwar nicht öentlich.Uns interessiertaber, welche Maßstäbe dieKommission in der Beratung ansetzt in welchemVerhältnis steht die bisherige juristische BewertungderFälle zu den humanitären Aspekten und derIntegrationsperspektive?Ein Fall sollte erst in derHFK beraten werden, wenn andererechtliche Möglichkeitenausgeschöpsind. Trotzdembeo-bachte ich, dass mancher in der Kommission noch einmalden Rechtsweg durchdenkt und Maßstäbe aus seinemUmfeldanlegt. Schauenwir aufdie weichenFaktoren undcheckenwir nichtden Sachverhaltzum zweitenMal! Jemand,der ausder Sozialarbeit oder einer Beratungsstelle kommt, sieht zumBeispiel ein Kind mit schlechten Kopfnoten aus Erfahrunganders. Da schwingendie Überlegungen mit,welche bitteren,teils traumatisierenden Erfahrungen so ein Kind im Kriegund aufder Fluchtschon machenmusste. WelcheChancenkonnte der Mensch ergreifen, welche hat er ergrien undwelche Perspektive gibt es für ihn in Sachsen?Waskönnte aus Ihrer Sicht geschehen,damitFälle erst gar nicht zu Härtefällen werden?Owünsche ichmir mehrMut zuEntscheidungen imRahmendes Ermessens der staatlichen Stellen. Werden diese Spiel-ume genutzt, lassen sich auch Entscheidungen vorweg-nehmen, die Jahre später danndoch getroen werden müs-sen. Und ich wünsche mir mehr Gelegenheit für Klienten,ihren Integrationswillen unter Beweis zu stellen. Wenn esdie gesetzlichen Rahmenbedingungen zulassen, solltendieglichkeiten zur Arbeitsaufnahme undzum Spracherwerbschneller gegeben werden –selbst dann, wenn esam Endenicht zu einem dauerhaen Aufenthalt reicht. Das ist aufjeden Fallbesser, alsüber JahreZeit undChancen verstreichenzu lassen und so mit unserer Gesellschain Austausch zukommen. Das führt einerseits zu weniger Frustration undandererseits zu einer rascheren Integration.Vielen Dank für das Gespräch.Die Fragen stellten Grit Sperling und Markus Guererfasst und geregelt werden. Es geht schließlich um Men-schen, Existenzen undZukunsaussichten. Die Menschen,die ich erlebe, haben alles hinter sich gelassen und setzenalle Honungen auf ein Leben in Deutschland. Ich halte esfür gut,dass sichMenschen zusammensetzenund gemein-sam überlegen,ob dajemand eineChance bekommtoder obwir als Solidargemeinschaein Schicksal mittragen.Ist die Konstellation der berufenen Mitgliedersinnvoll? In Berlin sind beispielsweisekeineVertreterder Stadtoder desInnensenatsMitgliedin der Kommission. Andere Kommissionen habenMediziner dabei.Die Parität der Mitglieder istja vorgesehen, aber ich binab-gesehen von den Stellvertretern die einzige Frau. Eine aus-gewogene Zusammensetzung der Kommission mit Frauenund Männern, Menschen mit Migrationsgeschichte – die dasgut sortiert haben – und aus verschiedenen Berufsfeldernrde der Diskussion undEntscheidungsndung innerhalbder Kommission sicher guttun. Und ichnde es schwierig,dass es Vertretervon übergeordneten Stellenin der Kommis-sion gibt, die manchmal über Sachverhalte entscheiden müs-sen, deren Entwicklung auf einer niedrigeren Ebene begann.Welche guten Momente sind Ihnen in Erinnerung?Ich treeda aufMenschen, diestolz draufsind, inDeutsch-land Steuern zu zahlen oder eine Krankenkassenkarte zuhaben. Wenn ein Fallin der Kommissionssitzung dieerfor-derliche Zweidrittelmehrheit erreicht hat, ist das anschlie-ßende Telefonat mit den Klienten sehr froh machend. Manspürt die ungehörige Anspannungund hört das Aufatmen,manchmal auch Jubeln. Dann ist ein wichtiger Schritt ge-gangen, auch wenn die Entscheidung des Innenministersnoch aussteht.Einige Klienten kommen später noch einmal vorbei undbedanken sich.Wie gehen Sie damit um, wenn ein von IhneneingebrachterFallkeine Mehrheitndet?Das ist ganz schwierig, auch wenn ich mir im Vorfeld die50/50 Chance klarmache. Es ist hart, dann am Telefon einesehr schwierige Botschazu überbringen. Da ist man mitTränen und Verzweiung konfrontiert.Ich habe auch schon hasserfüllte E-Mailsvon Unterstützernbekommen, wenn die Kommission nach Kenntnis aller ihrvorliegenden Fakten gegen einen Antraggestimmt hat.Andererseitsnde ich Solidaritätgut. Sie zeigt, dassunsererZivilgesellschadas Schicksal ihrer Mitmenschen nichteinerlei ist.Foto: Markus Guler
52JAHRESBERICHT 2024Am 6. November 2024 brachte die Bundesregierung zwei Gesetzentwürfe zur Umsetzungdes GEAS in nationalesRecht zur Beratung inden Bundestag ein. DieUmsetzung des europäi-schen Rechts muss bis Juni 2026 erfolgen.Kern der Reformist u.a., dassalle an denEU-Außengrenzen ankommenden Schutzsuchendenin einem Screening-Verfahren registriert und ihrglicher Anspruch auf einen Schutzstatusgeprüwerden soll. Über einen Asylantrag soll innerhalb von zwölf Wochen entschiedenwerden. Um Staaten mit einer hohen Zahl an Schutzsuchenden zu entlasten, wird ein ver-pichtender Solidaritätsmechanismus eingeführt. Auf diese Weise sollen Flüchtlinge EU-weit gerechter verteilt werden.BMI Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS)Bundeszentrale für politische BildungGEASEuropaGemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS)2023 einigten sich die EU-Mitgliedstaaten, der Rat der Europäischen Union und das Euro-päische Parlament auf die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS).Die elf Gesetzgebungsakte des Europäischen Parlaments und des Rates wurdenam 14. Mai2024 beschlossen und traten am 11.Juni 2024 in Kra. Das GEASdeniert Mindeststandardsfür den Ablauf von Asylverfahren und den Umgang mit Schutzsuchenden.Abstimmung im EU-Parlament | Foto: EU-ParlamentENTWICKLUNGEN IMAUSLÄNDER-UND STAATSANGE-HÖRIGKEITSRECHT2024Recht
53offenes-sachsen.desubsidiär Schutzberechtigte wurde auf drei Jahre festge-legt. Aufenthaltsgestattungen für Bewohner von Auf-nahmeeinrichtungen können nunmehr für sechs Monateausgestellt werden. Betroene, die nicht mehr verpichtetsind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, erhalteneine Aufenthaltsgestattung für 12 Monate.Eine Abschiebung bei Ausreisepichtigen in Hawirdnicht mehr angekündigt. Ebenso ist die einmonatigeAnkündigungspicht für Abschiebungen, denen einemindestens einjährige Duldung vorausging, gestrichenworden. Ausnahmen gelten für Familien mit Kindernunter 12 Jahren.Der Übergang von Asylbewerberleistungen zu Analogie-leistungen nach dem SGB II und XII (Bürgergeld undSozialhilfe) ist nunmehr erst nach 36 Monatenstatt zuvor18 Monaten möglich.BundGesetz zur Verbesserung der ckführung(RückführungsverbesserungsG)Das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung trat in wesent-lichen Teilen am 27. Februar 2024 in Kra. Mit dem Gesetzhat der Gesetzgeber eine Reihevon Änderungen im Aufent-haltsgesetz, Asylgesetz und einigen ausländerrechtlichenNebengesetzen vorgenommen. Insbesondere erfolgten fol-gende gesetzliche Anpassungen:Ausweitung des Ausreisegewahrsams:Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wurdevon zehn auf 28 Tage verlängert.Änderungen bei der Abschiebungsha: Abschiebungs-hakann nunmehr auch angeordnet oder aufrechter-halten werden, obwohl ein Asylantrag gestellt wurde.Die Voraussetzungen für die Abschiebungshamüssenbereits zum Zeitpunkt der Asylantragstellung vorge-legen haben. Sicherungshakann auch angeordnetwerden, wenn die betroene Person nach einererlaubtenEinreise vollziehbar ausreisepichtig geworden istoder entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverboteingereist ist.Anwaltliche Vertretung bei Abschiebungsha:Für die Dauer des Verfahrens über die Anordnung derAbschiebungshaund des Ausreisegewahrsams istden Betroenen von Amts wegen eine anwaltliche Ver-tretung zu bestellen.Betreten von Räumen Dritter in Gemeinschasunter-künen: Um eine abzuschiebende Person aufzunden,können Räume unbeteiligter Personen bzw. alle Räumeeiner Gemeinschasunterkunbetreten werden.Zudem wurden die Anforderungen an einen Asyl-folgeantrag verschär, die Gründe für eine Ablehnungdes Asylantrages als »oensichtlich unbegründet«erweitert, der Sofortvollzug aufenthaltsrechtlicherMaßnahmen wurde ausgeweitet.Wohnungen von Personen, die nicht im Besitz einesPasses sind, aber zur Passbeschaung bzw. Identitäts-klärung verpichtet sind, nnen auf richterlicheAnordnung nach relevanten Unterlagen bzw. Daten-trägern durchsucht werden, wenn tatsächliche Anhalts-punkte die Annahme rechtfertigen, dass sich derartigeInformationen durch die Mnahme aunden lassen.Die Geltungsdauer von Aufenthaltserlaubnissen fürSchutzsuchende in einem Lager an der EU-Außengrenze |Foto: Frederic Maigrot European Union
54JAHRESBERICHT 2024Es besteht die Möglichkeit für tarifgebundene Arbeitgeber,zur Deckung von zeitweiligen hohen Arbeitskräebedarfenausländische Fachkräe für bis zu acht Monateeinzustellen.Das Kontingent im Jahr 2024 wurde auf 25000 Personenfestgelegt.Die letzte Stufe des Gesetzes trat zum 1. Juni 2024 in Kra.Mit der Chancenkarte besteht eine weitere Möglichkeit,zur Arbeitssuche nach Deutschland einzureisen. Dies giltohne weitere Voraussetzungen für Personen, die einendeutschen bzw. anerkannten oder vergleichbaren ausländi-schen Hochschul- oder Berufsabschluss haben. Wer eineausländische Berufsqualikation oder einen ausländischenHochschulabschluss hat, der im Land des Erwerbs aner-kannt ist, kann über ein Punktesystem eine Chancenkartezur Arbeitsplatzsuche erhalten. Dazu muss er mindestensDeutschkenntnisse auf dem Niveau A1 oder Englischkennt-nisse auf dem Niveau B2 nachweisen.Das Punktesystem berücksichtigt u.a. das Vorhandenseineines Teilanerkennungsbescheids einer deutschen An-erkennungsstelle, Berufserfahrung im Bereich der Quali-kation, Lebensalter, Engpassberufe und rechtmäßigeVoraufenthalte.Gesetz zur Weiterentwicklung derFachkräeeinwanderungZum 1. März 2024 trat die zweite Stufe des weiterentwi-ckelten Fachkräeeinwanderungsrechts in Kra. Ausländerund Ausländerinnen aus Drittstaaten mit mindestenszwei Jahren Berufserfahrung und einem im Herkunslandanerkannten Beruf oder Hochschulabschluss können alsFachkrain Deutschland arbeiten. Es muss eine Gehalts-schwelle eingehalten werden oder der Arbeitgeber tarif-gebunden sein.Über sogenannte Anerkennungspartnerschaen kanninsbesondere bei reglementierten Berufen die Anerkennungnach der Einreise ins Bundesgebiet begonnen werden.Darüber hinaus werden die Zeitkontingente für Nebenjobsbei Ausländern und Ausländerinnen, die zu Bildungs-zwecken oder Sprachkursen eingereist sind, ausgeweitet.Ausbildungsplätze können ohne Vorrangprüfung derBundesagentur für Arbeit mit Ausländerinnen und Auslän-dern besetzt werden. Geduldete Personen, die eine Aus-bildung absolvieren und ihren Lebensunterhalt sichern,erhalten eine Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung.Die ukrainische Krankenschwester Uliana Kuka arbeitet nach einem Anpassungslehrgang in Riesa. | Foto: SteenGierschRecht
55offenes-sachsen.deGesetz zur Verbesserung der innerenSicherheit und das AsylsystemsAm 31. Oktober 2024 trat das Gesetz zur Verbesserung derinneren Sicherheit und des Asylsystems in Kra.Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)darf biometrische Daten nutzen, um die Identität vonSchutzsuchenden festzustellen. Schutzsuchende, für dielaut Dublin-Regelung ein anderer europäischer Staatzuständig ist, erhalten keine Sozialleistungen mehr, wennder zuständige Mitgliedsstaat der Rückübernahme zuge-stimmt hat und das BAMF ihre Ausreisein den zuständigenStaat für »rechtlich und tatsächlich möglich« hält.Bei Reisen ins Herkunsland, die »nicht sittlichzwingend« geboten sind, erfolgt die Aberkennungdes Schutzstatus. Geüchtete aus der Ukrainesind hiervon nicht betroen.Quellen: BMI, Bundeszentrale für politischeBildung, Informationsverbund AsylDas Kontingent der Westbalkanregelung wurde auf50000 mögliche Zustimmungen der Bundesagentur fürArbeit im Jahr ausgeweitet. Menschen aus Albanien,Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nord-mazedonien und Serbien nnen bei einem konkretenArbeitsangebot unabhängig von der Qualikation ein-reisen.Gesetz zur Modernisierung desStaatsangehörigkeitsrechtsWeitgehende Änderungen erfuhr zum 27. Juni 2024 dasStaatsangehörigkeitsgesetz. Kernpunkte der Reformsind die Hinnahme der Mehrstaatigkeit durch die Einbür-gerung, d.h. die bisherige Staatsangehörigkeit mussnicht mehr aufgegeben werden. Zudem ist eineEinbürgerungin der Regel nach fünf statt bisher acht Jahren möglich.In Fällen herausragender Integration kann eine Einbürgerungbereits nach drei Jahren erfolgen. Alle in Deutschlandgeborenen Kinder erhalten neben der Staatsangehörigkeitihrer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sichmindestens ein Elternteil bereits seit mehr alsfünf Jahrenrechtmäßig in Deutschland aufhält und über ein unbefris-tetes Aufenthaltsrecht verfügt.Einbürgerungsbewerber müssen sich zur freiheitlich demo-kratischen Grundordnung und zur besonderen historischenVerantwortung Deutschlands bekennen. Es wird klargestellt,dass antisemitische, rassistische oder sonstige menschen-verachtend motivierte Handlungen mit dem Grundgesetzunvereinbar sind. Ein unrichtiges Bekenntnis schließt dieEinbürgerung aus. Konkret ausgeschlossen ist die Einbür-gerung außerdem im Fall der Mehrehe oderder Missachtungder Gleichberechtigung von Mann und Frau.Ein Anspruch auf Einbürgerung erfordert die Sicherungdes Lebensunterhalts für sich und die eigenenFamilienan-gehörigen. Ausnahmen davon zählt das Gesetz abschlie-ßend auf. Dazu zählen: Gastarbeiter, die bis 1974 in dieBundesrepublik eingereist sind und Vertragsarbeiter, diebis 1990 in die ehemalige DDR eingereistsind; Personen,die in den letzten zwei Jahren eineVollzeiterwerbstätigkeitvon mindestens 20 Monaten nachweisen können; Familienmit minderjährigen Kindern, wenn ein Ehegatte/einge-tragener Lebenspartner in Vollzeit erwerbstätig ist. Vulne-rable Personengruppen, die ihren Lebensunterhalt nichtvollständig ohne die Inanspruchnahme öentlicher Mittelsichern können, können im Rahmen der Ermessensein-bürgerung berücksichtigt werden.Josef Gebrezgibir pflegt in einer Senioreneinrichtung. Als ehemaligerSanitäter qualiziert er sich als Quereinsteiger. | Foto: Steen Giersch
56JAHRESBERICHT 202421. März – Krisengespräch VenezuelaVertreter des Vereins Venezolanos en Sajonia e.V. informierten Abgeordnete derFraktionen und Vertreter des Innenministeriums eindringlichüber die Lage undPerspektiven der nach Sachsen geüchteten Venezolaner und die Situation inihrem Heimatland.15. Januar Anhörung zum Sächsischen IntegrationsgesetzIm Ausschuss für Soziales und Gesellschalichen Zusammenhalt nahmen GeertMackenroth MdL und sechs weitereSachkundige in einer öentlichen AnhörungStellung zum »Gesetz zur Förderungder Integration und Teilhabe vonMenschenmit Migrationshintergrund im Freistaat«. An jeweils zehn MinutenReferat schlos-sen sich drei Fragerunden der Abgeordneten an.IMPRESSIONEN UNDTERMINE8. Februar – SachsenSofa in Glashütte zu Migrationund IntegrationAuf dem SachsenSofa saßen auch die Bundesvorsitzendevon Bündnis 90/Die Grünen, Ricarda Lang, und Claudia Nikol, Projektleiterin der ABC-Tischedes UmweltzentrumsDresden. Fragenaus demSaal drehtensich umdieAnerkennungsverfahren ausländischer Berufsabschlüsse, den Unterschied zwi-schen Arbeitsmigration und humanitärer Migration sowie Wege zur Steuerungder Einwanderung.Die Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
57offenes-sachsen.de18. April – Bundeskonferenz der BeauragtenAuf Einladung der Bundesbeauragten für Integration, Staatsministerin ReemAlabali-Radovan, trafensich dieBeauragten der16 Länderim Bundeskanzleramt.Themen waren der Stand beim Chancenaufenthaltsrecht bei derReform der Fach-kräeeinwanderung und des Staatsangehörigkeitsrechts. Die Länderbeauragtenriefen die EU-Bürger zur Europawahl auf.13. April – Einbürgerungsfest im Sächsischen LandtagIn Sachsen wurden 2023 über2500 Personen eingebürgert.  Gemeinsam mitdem Staatsminister des Innern Armin Schuster und dem LandtagspräsidentenDr. MatthiasRößler würdigteGeert Mackenrothdiesen Schrittund luddie neuenStaatsbürgerinnen und Staatsbürger zu einer Feststunde in den Plenarsaal ein.Von den 220 Gästen war der jüngsteerst zwei Wochen alt, die älteste 76Jahre.10. Juni – NIMS-Treen im Sächsischen LandtagBeim vorerst letzten Treen des Netzwerks Integration und Migration Sachsender Legislaturperiode standen die Arbeitsmarktintegrationvor Ort, die Arbeit derWelcome Center sowie die rdermöglichkeiten des Asyl-, Migrations- und Inte-grationsfonds (AMIF) auf der Agenda, außerdem die Reform des GemeinsamenEuropäischen Asylsystems (GEAS).11. Juni – Pflegepersonal im Herzzentrum15 ausländische Pegekräeaus Brasilien unddem Kosovo bereitensich in Sachsenauf die Anerkennungsprüfung vor. Neben der theoretischen Vorbereitung anden Eckertschulen Chemnitz ist auch das Herzzentrum an der UniversitätsklinikDresden eine Ausbildungsstation.
58JAHRESBERICHT 202426. Juni – Korea-TVEin Fernsehteam von KBS, dem öentlich-rechtlichenSender Südkoreas, bereisteDeutschland für eine Reportage zur Migration. Die Journalisten wollten wissen,welche wirtschalichen und gesellschalichenEekte Migranten im LandSachsenhaben und wie wichtig die Migranten sind.20. Juni – Ausstellungserönung in ChemnitzGemeinsam mit dem Geschäsführerder Regionaldirektion Sachsen Klaus-PeterHansen eröneteGeert Mackenrothdie Ausstellung»Es istnicht leisein meinemKopf« in der Arbeitsagentur Chemnitz. Anlässlich des UN-Weltüchtlingstags botdie Agentur für ihr Personal Sensibilisierungs- und Schulungsprojekte an.9. September – »Dresden is(s)t BunZum achten Mal trafen sich Gastgeber und Gäste beim »Gast-mahl für alle«. Tausende Menschenbesuchten das gemeinsamePicknick, das amSchlossplatz begann undsich über dieAugustus-brücke zog. Gelegenheit für Gespräche, Essen und Informationengab es an 280 Tischen.30. September – Jury nominierte zum Integrationspreis75 Vorschläge gingen beim Wettbewerb um den Sächsischen Integrationspreis 2024ein. Die Jury sichtete die Bewerbungen und nominierte dreizehn vielverspre-chende Projekte. Die drei Gewinnerprojekte wurden am 28. Oktober feierlich imSächsischen Landtag bekannt gegeben. Sie erhielten jeweils 3.000 Euro.Die Arbeitdes Sächsischen Ausländerbeauftragten
59offenes-sachsen.de7. November – Praxisgespräch in FrauensteinZum Gespräch über Fachkräe, Herausforderungen und Integration besuchteGeert Mackenroth dasHotel und Restaurant»Goldener Stern«. Hierarbeiten 16 Mit-arbeiter aus verschiedenen Nationen. Angeboten werden auch Ausbildungsplätzefür Migranten. Vor Ort waren auch die kommunale Integrationsbeauragte desLandkreises Mittelsachsen,Annett Schrenk,und dieLeiterin derAusländer- undAsylbehörde, Jennifer Diehl.24. Oktober – Fachaustausch zum Thema EinbürgerungVertreter der Ausländerbehörden im Freistaat tauschten sich auf Einladung desAusländerbeauragten über die angespannte Situation in ihren Behörden ausund besprachen die Möglichkeiten,Einbürgerungsanträge ezienter zu bearbeiten.Außerdem war die Reformdes Staatsangehörigkeitsrechts eines derHauptthemender Veranstaltung.3. Oktober – Tag der oenen TürNach dem Festakt zum Tag der Deutschen Einheit önete der Landtag seineTüren für die Begegnung mit den Bürgern. Am Infostand des Ausländerbeauf-tragten wurde beraten, informiert und gequizzt. Außerdem konnte man mitGeert Mackenroth Skat spielen – natürlich mit dem interkulturellen Skatspielaus Altenburg.
60JAHRESBERICHT 2024Kommunale Ausnder- undIntegrationsbeauragte (KAIB) in SachsenStadtChemnitzStadtverwaltung ChemnitzMigrationsbeauragteFrau Etelka Kobuß (hauptamtlich)Moritzhof, Bahnhofstraße 53, Zi 57109111 ChemnitzTelefon: 0371 4885047Fax: 0371 4885596E-Mail: migrationsbeauragte@stadt-chemnitz.deLandeshauptstadt DresdenStadtverwaltungIntegrations- und AusländerbeauragteFrau Kristina Winkler (hauptamtlich)Dr.-Külz-Ring 1901067 DresdenTelefon: 0351 4882131Fax: 0351 4882709E-Mail: auslaenderbeauragte@dresden.deLandkreisErzgebirgeIntegrations- und AusländerbeauragterHerr Hartmut Decker (ehrenamtlich)Paulus-Jenisius-Straße 2409456 Annaberg-BuchholzE-Mail: beauragter1@integration-erz.deTelefon: 0174 1822313LandkreisGörlitzLandratsamt Landkreis GörlitzBeauragter für Integration und TeilhabeHerr Alexander Klaus (hauptamtlich)Bahnhofstraße 2402826 GörlitzTelefon: 03581 6639007E-Mail: auslaenderbeauragter@kreis-gr.deStadtLeipzigIntegrationsbeauragteFrau Manuela Andrich (hauptamtlich)Referat für Migration und IntegrationOtto-Schill-Str. 204109 LeipzigTelefon: 0341 1232690Fax: 0341 1232695E-Mail: migration.integration@leipzig.deLandkreisLeipzigLandratsamt Landkreis LeipzigAusländerbeauragteFrau Gülnur Kunadt (hauptamtlich)Südstraße 80, Gebäude 6204668 GrimmaTelefon: 0160 7486454E-Mail: guelnur.kunadt@lk-l.deLandkreisLeipzigLandratsamt Landkreis LeipzigAusländerbeauragterHerr Abdulhamid Othman (hauptamtlich)Stauenbergstraße 4, Haus 304552 BornaTelefon: 03437 984 4103Fax: 03437 984991050E-Mail: abdulhamid.othman@lk-l.deLandkreisLeipzigStadtverwaltung MarkkleebergGleichstellungs- und IntegrationsbeauragteFrau Susann Eube (hauptamtlich)Rathausplatz 104416 MarkkleebergTelefon: 0341 3533206Fax: 0341 3533294E-Mail: susann.eube@markkleeberg.deLandkreisLeipzigNetzwerk für Demokratische Kultur e.V.Integrationsbeauragte der Stadt WurzenFrau Frauke SehrtDomplatz 504808 WurzenTelefon: 03425 852710E-Mail: frauke.sehrt@ndk-wurzen.deKONTAKTEAnhang
61offenes-sachsen.deLandkreisMeißenLandratsamt Landkreis MeißenBeauragte für Migration und IntegrationFrau Gabriele Fänder (hauptamtlich)Brauhausstraße 2101662 MeißenTelefon: 03521 7257229Fax: 03521 7251000E-Mail: integrationsbeauragte@kreis-meissen.deLandkreisMittelsachsenLandratsamt Landkreis MittelsachsenAusländerbeauragteFrau Annett Schrenk (hauptamtlich)Frauensteiner Straße 4309599 FreibergTelefon: 03731 7993328Fax: 03731 7993322E-Mail: auslaenderbeauragte@landkreis-mittelsachsen.deLandkreisNordsachsenLandratsamt NordsachsenDezernat Soziales und Gesundheit Stabsstelle SozialeVielfalt Beauragte für Migration und IntegrationAntje EberleinSchloßstraße 2704860 TorgauTelefon: 03421 7586206Fax: 03421 758856210E-Mail: antje.eberlein@lra-nordsachsen.deLandkreisSächsische Schweiz OsterzgebirgeLandratsamt Sächsische Schweiz-OsterzgebirgeBeauragte für Integration und MigrationN. N. (hauptamtlich)Schloßhof 2/401796 PirnaLandkreisVogtlandkreisLandratsamt VogtlandkreisIntegrationsbeauragteFrau Anett Gräf (hauptamtlich)Engelstraße 1308523 PlauenTelefon: 03741 3001064E-Mail: graef.anett@vogtlandkreis.deLandkreisZwickauLandratsamt Landkreis ZwickauAusländerbeauragteFrau Birgit Riedel (hauptamtlich)Werdauer Straße 62, Haus 408056 ZwickauTelefon: 0375 440221051Fax: 0375 4402-21009E-Mail: gleichberechtigt@landkreis-zwickau.deMitglieder der Härtefallkommission (HFK)Evangelisch-Lutherische Landeskirche SachsensHerr Timo HaaseEv.-Luth. Landeskirchenamt SachsensLukasstraße 601069 DresdenTelefon: 0351 4692-440E-Mail: hfk1@evlks.deBistum Dresden-MeißenFrau Mechthild GatterCaritasverband für das Bistum Dresden-Meißen e.V.Magdeburger Straße 3301067 DresdenTelefon: 0351 498 3734E-Mail: hfk@caritas-dicvdresden.de
62JAHRESBERICHT 2024Sächsischer Flüchtlingsrate.V.Herr Jörg EichlerSächsischer Flüchtlingsrat e.V.Dammweg 501097 DresdenTelefon: 0351 275 85866Fax: 0351 874 31733E-Mail: hfk@sfrev.deLiga der Spitzenverbände derFreienWohlfahrtspflege in SachsenHerr Karlheinz PetersenAWO Landesverband Sachsen e.V.Devrientstr. 701067 DresdenTelefon: 0351 847 04572E-Mail: hfk.landesverband@awo-sachsen.dechsisches Staatsministerium des InnernHerr Axel MeyerSächsisches Staatsministerium des InnernWilhelm-Buck-Straße 201097 DresdenTelefon: 0351 564 32400Fax: 0351 564 32009E-Mail: Axel.Meyer@smi.sachsen.dechsisches Staatsministeriumfür SozialesundGesellschalichen ZusammenhaltHerr Thomas WeigelSächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesell-schalichen ZusammenhaltAlbertstraße 1001097 DresdenTelefon: 0351 564 55620Fax: 0351 564 54909E-Mail: thomas.weigel@sms.sachsen.deSächsischer Städte- undGemeindetag e.V.Herr Jan PratzkaLandeshauptstadt DresdenDr. Külz-Ring 1901067 DresdenTelefon: 0351 4882 300Fax: 0351 48899 2392E-Mail: GB-3@dresden.deSächsischer Landkreistag e.V.Herr René BurkAmtsleiter OrdnungsamtLandkreis BautzenVerwaltungsstandort KamenzMacherstraße 5501917 KamenzTelefon: 03591 525 132000Fax: 03591 525 032000E-Mail: rene.burk@lra-bautzen.deDer Sächsische AusländerbeauragteHerr Geert MackenrothStaatsminister a. D.Bernhard-von-Lindenau-Platz 101067 DresdenTelefon: 0351 493 5171Fax: 0351 493 5474E-Mail: saechsab@slt.sachsen.deStellvertretende Mitglieder derHärtefallkommission (HFK)Evangelisch-Lutherische Landeskirche SachsenFrau Maria BerghänelDiakonisches Werk Innere Mission Leipzig e.V.Fachstelle MigrationNikolaikirchhof 304109 LeipzigTelefon: 0160 98130026E-Mail: hfk2@evlks.deAnhang
63offenes-sachsen.deBistum Dresden-MeißenHerr Dr. Christian MärzBischöiches OrdinariatKäthe-Kollwitz-Ufer 8401309 DresdenTelefon: 0351 31563 310E-Mail: hfk@hfk-bdd.deSächsischer FlüchtlingsratFrau Carolin MünchBon Courage e.V.Postfach 11 3204541 BornaTelefon: 0157 848 43782E-Mail: Caro.Muench@sfrev.deLiga der Spitzenverbände derFreienWohlfahrtspflege in SachsenHerr Michael RichterDeutscher Paritätischer WohlfahrtsverbandLandesverband Sachsen e.V.Am Brauhaus 801099 DresdenTelefon: 0351 828 71100Fax: 0351 828 71120E-Mail: Michael.Richter@parisax.dechsisches Staatsministerium des InnernHerr Martin LanghansSächsisches Staatsministerium des InnernWilhelm-Buck-Straße 201097 DresdenTelefon: 0351 564 32400Fax: 0351 564 32009E-Mail: Martin.Langhans@smi.sachsen.dechsisches Staatsministeriumfür SozialesundGesellschalichen ZusammenhaltHerr Jochen VierheiligSächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesell-schalichen ZusammenhaltAlbertstraße 1001097 DresdenTelefon: 0351 564 54942Fax: 0351 564 54909E-Mail: Jochen.Vierheilig@sms.sachsen.deSächsischer Städte- undGemeindetag e.V.Frau Heike SteegeStadt Chemnitz, JugendamtGeschäsbereichsleiterinBahnhofstraße 5309111 ChemnitzTelefon: 0371 488-5104Fax: 0371 488-5199E-Mail: heike.steege@stadt-chemnitz.deSächsischer Landkreistag e.V.Herr Benjamin LangeSächsischer LandkreistagKäthe-Kollwitz-Ufer 8801309 DresdenTelefon: 0351 31801 29Fax. 0351 31801 44E-Mail: benjamin.lange@lkt-sachsen.deDer Sächsische AusländerbeauragteHerr Christoph HindingerLeiter der Geschässtelle des Sächsischen Ausländerbe-auragtenBernhard-von-Lindenau-Platz 101067 DresdenTelefon: 0351 493 5176Fax: 0351 493 5474E-Mail: christoph.hindinger@slt.sachsen.de
64JAHRESBERICHT 2024schalich mit den Landesämtern Stichproben bei rundeinem Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Dabeiwerden Haushaltsbefragungen durchgeführt und u.a. auchDaten zum Migrationshintergrund erhoben.Vom Migrationshintergrundzu EingewandertenDie Fachkommission Integrationsfähigkeit hat sich gegen-über dem Statistischen Bundesamt (DESTATIS) für eineAbkehr vom Begri»Migrationshintergrund« ausgesprochenund schlägt stattdessen die Begriichkeit »Eingewanderteund ihre (direkten) Nachkommen« vor. Auch dieDenitionändert sich. So sollen Eingewanderte und ihre (direkten)Nachkommen künig laut Fachkommission Integrations-fähigkeit (2021) Personen sein, »die entweder selbst oderderen beide Elternteile seit dem Jahr 1950 in das heutigeBundesgebiet eingewandert sind«.Mit dem Datenangebot zur Bevölkerung nach Einwande-rungsgeschichte auf Basis des Mikrozensus legt dasStatistische Bundesamt 2023 erstmals umfassende Ergebnissezur von der Fachkommission Integrationsfähigkeitempfohlenen neuen Denition der »Eingewandertenund ihrer (direkten) Nachkommen« vor.Quelle:Die Umsetzung des Konzeptes»Einwanderungsgeschichte« im Mikrozensus 2022Anmerkungen zum SprachgebrauchIm Jahresbericht 2024 werden die Begrie Menschen mitMigrationshintergrund, Migranten, Zuwanderer und Aus-länder verwendet. Der BegriMigrationshintergrund wirdim Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes seit 2005benutzt und bezieht sich auf den gesamten Integrations-prozess, der mehrere Generationen umfassen kann. Damitsind nicht nur Menschen mit ausländischer Staatsange-hörigkeit gemeint. »Eine Person hat einen Migrationshinter-grund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil diedeutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.«Diese Denition umfasst zugewanderte und nicht zugewan-derte Ausländerinnen und Ausländer. Weiterhin gehörenzugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte, Spät-aussiedlerinnen und Spätaussiedler und Personen, die diedeutsche Staatsangehörigkeit durch Adoption durch eindeutsches Elternteil erhalten haben, dazu. Außerdem fallendie mit deutscher Staatsangehörigkeit geborenen Kinderder vier zuvor genannten Gruppen unter diesen Begri.Der Begri»Zuwanderer« wird synonymzum BegriMigrantverwendet, betont aber stärker, dass die Zuwanderunggerade erfolgt ist oder zukünig erfolgen wird. Der Begri»Ausländer« wird vor allem in rechtlicher undstatistischerHinsicht verwendet und bezieht sich auf dieMenschen, dienicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.Bei den Themen Asyl und Flucht werden unterschiedlicheBegrie (zum Beispiel Asylsuchende, Asylbegehrende,Asylbewerber, Personen mit Asylstatus, Flüchtlinge, Schutz-suchende etc.) verwendet.Der Jahresbericht kann überwiegend nur etwas zur Staats-angehörigkeit von Personen aussagen. Daten zum Migrati-onshintergrund werden nicht pauschal erfragt. Regelmäßiggeschieht das jedoch im Bereich der sprachlichen Integration,etwa im Bereich der Schulbildung oder Kitas. Für denMikrozensuserhebt das Bundesamt für Statistik gemein-ANMERKUNGENAnhang
65offenes-sachsen.deBarrierefrei gendern: So geht’s – Lucia C.RocktäschelWie gendert man in Leichter bzw. EinfacherSprache? |CotelanguesGendern – warum Unterstrich und Stern nichtbarrierefrei sind Digitale BarrierefreiheitBarrierefrei gendern: Was soll ich beachten?Gendern in Leichter Sprache eine AnleitungGendern – Deutscher Blinden- undSehbehindertenverband e.V.Geschlechtergerechte und barrierefreieSprache im IntegrationskontextDas Anliegen, in der verwendeten Sprache denGeschlechterngerecht zu werden, ist gut und richtig. Zudem ist es einwichtiger und teils gesetzlich geforderter Anspruch, barriere-frei zu kommunizieren. Damit soll möglichst vielenGruppender Zugang zu Informationen und deren Verständnis er-glicht werden, ohne andere auszuschließen. Im Bereichder Migration und Integration kommt hinzu, dass vielePersonen auf unterschiedlichen Sprachniveaus kommuni-zieren oder die deutsche Sprache erst erlernen.Zwischen geschlechtergerechter und erfassbarer verstehbarerSprache ergibt sich ein Zielkonikt.Im Geschäsbereich des Sächsischen Ausländerbeauragtenist festgelegt:Texte sollen sachlich korrekt, verständlich, lesbarund vorlesbar sein.Die Regeln der deutschen Rechtschreibungwerden respektiert.Verwendet wird die Beidnennung der Personen.Symbolzeichen und Platzhalter wie *, :,_, / oderBinnen-I werden nicht verwendet.Neutrale Formulierungen wie Mensch, Person oderLeute können verwendet werden, soweit sie geugund verstehbar sind.Formen des substantivierten Partizip Präsens werdenweitestgehend vermieden.Einenale Lösung oder Empfehlung zu gendergerechterund barrierefreier Kommunikation gibt es derzeit nicht.Weiterführende Links zum Thema:
67ImpressumHerausgeberDer Sächsische AusländerbeauragteBernhard-von-Lindenau-Platz 101067 DresdenTelefon 0351 4935171Telefax 0351 4935474E-Mail saechsab@slt.sachsen.dewww.oenes-sachsen.deV.i.S.d.P.: Markus GuerMitarbeit:Tobias Dreyer, Beate Freiberg, Markus Guer,Christoph Hindinger, Magdalena Hovancová,Carola Petters, Grit SperlingBeiträge von Gastautoren sind namentlichgekennzeichnet.Redaktionsschluss: 31. Januar 2025Titelfoto:Steen GierschRealisierung: Ö GRAFIKDruck: Parlamentsdruckerei1. Auage 2025, 50 Stück
www.oenes-sachsen.de