2022JAHRESBERICHTSÄCHSISCHERLANDTAG_7.LEGISLATURPERIODE
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JAHRESBERICHT2022Der Sächsische Ausländerbeauftragte3
Foto: Steen GierschVorspann4JAHRESBERICHT 2022nach oben fallendas hatten wir unsim Jahresbericht 2021zur Bewältigung der Krisenzustände vorgenommen. Gemeintwar damit, optimistisch zu sein und nach vorn zu denken:scheinbar komplexe Herausforderungen aufzubrechen, Miss-stände konkret zu machen und sie dadurch strategisch zulösen. Diese Devise war 2022 angesichts des russischen An-griskriegs in derUkraine, der leiderbis heute anhält,nötigerdenn je. Die unmittelbar ausgelöste Fluchtbewegung aus derUkraine hat im Februar auchjede und jeden von unsinSachsenbetroen. Wir mussten uns kurzfristigentscheiden,was wir in dieser Situation für die ankommenden Men-schen tun wollten. Ich möchte andieser Stelle allen Engagier-ten danken, die ukrainische Schutzsuchende auf die ein oderandere Weise unterstützt haben. Ohne Ihr Mittun wäre esin einer Lage, in der diesächsischen Behörden vor unvorher-gesehene strukturelle Herausforderungen gestellt waren,schlicht nicht gegangen.LIEBELESERINNEN,LIEBELESERVorspann
5offenes-sachsen.deDieser Jahresbericht legt den Fokus auf das Verhalten derBehörden: WelcheAntworten konntensie aufdie drängendenHerausforderungen des letztenJahres geben –wie Wohnraumzu gewährleisten, ausreichende Sprach- und Integrations-kurse bereitzustellen, ukrainische Kinder zu unterrichtenund die Eltern in den Arbeitsmarkt zu integrieren? Wie istdie langfristige Planung der Behörden? Und wie wurde dieVeränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen imAuf-enthaltsrecht vorbereitet? Über dieArbeitsweise der Auslän-derbehörde Plauenund wasden Erfolgihrer Arbeitausmacht,lesen Sie aufSeite 16 und 17.Das vergangene Jahr hat auch meine Arbeit verändert: DieAmtsführung geht zunehmend über das Mandat des Säch-sischen Ausländerbeauragten hinaus.Es bewegt sichlautGesetz in einem Handlungsfeld,das die Belange derim Frei-staat lebenden Ausländerinnen undAusländer in den Blicknimmt. Die Einzelfälle, diemich regelmäßig erreichen, habenim vergangenen Jahr verstärkt Fragen oengelegt,die inWechselwirkung zu anderen Politikfeldern stehen.Betrach-ten wir allein das Thema »Arbeitsplatz«: Füreine erfolgreicheArbeitsmarktintegration sind neben den aufenthaltsrecht-lichen Voraussetzungen eineexible Verwaltung, verzahnteAnerkennungs- und Beratungsstrukturen,ein diversitätssen-sibles Betriebsklima, erreichbareSprachkurse, verfügbarerWohnraum etc. notwendig. Zu diesemtechnischen Bereichkommt die gesellschaliche Integration hinzu. In dem An-spruch, die Voraussetzungen für eine gelingende Integrationam Arbeitsplatz zu schaen, besteht für den SächsischenAusländerbeauragten somit einFächer von Handlungsnot-wendigkeiten, die mitden zuständigen Akteurenabzustim-mensind.Sie werden deshalb in diesem Jahresbericht auch Themennden,dieübermeinMandathinausgehen:Wennesbeispiels-weise darum geht,interkulturelleWissenschasprojektein den Lehrplänenauf Sachebene zu verankern; dieErfahrungen von Menschen mit Einwanderungsgeschichte inSachsenöentlichkeitswirksam zu thematisieren;ausländische Unternehmenin Sachsenund dieFachkräezuwan-derung zu stärken. Einige dieser Projekte sind auf Ideen vonIhnen, unseren Partnerinnenund Partnern inder Integrati-onsarbeit, zurückzuführen. Ich freue michweiterhin auf IhreAnregungen, zum Bericht und zu unserer Arbeitim Allgemei-nen, und darauf,mit Ihnen gemeinsamweiter nach vornzudenken.Ihr Geert Mackenroth MdL
100020003000237727703203Belegung6JAHRESBERICHT 202232BERATUNG UNDBETEILIGUNGDES SÄCHSISCHENAUSLÄNDERBEAUFTRAGTEN34THEMENDES JAHRES38AMT UNDVERNETZUNG40INFORMIEREN,ARGUMENTIERENUND PUBLIZIEREN –ONLINE UNDOFFLINE48RECHTLICHER RAHMENR DIE AUFNAHME UKRAINISCHERGEFLÜCHTETER14THEMENDER KLEINEN ANFRAGEN16DIE AUSLÄNDERBEHÖRDEIMVOGTLANDKREIS18ALS AUSLÄNDERBEHÖRDEINLEIPZIGBEGLEITEN UNDENTSCHEIDEN20SCHUTZSUCHENDE,QUALIFIKATIONUND BILDUNGSZUGANG IN SÄCHSI-SCHENAUFNAHMEEINRICHTUNGEN28UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGEAUSLÄNDER(UMA)INHALTVorspann4VORWORT8WAS KENNZEICHNET2022?10AUSLÄNDISCHE PERSONENINSACHSEN12ZUWANDERUNG UNDMIGRATIONIM SÄCHSISCHENLANDTAG
7offenes-sachsen.de50DIE ARBEIT DER SÄCHSISCHENRTEFALLKOMMISSION56BEISPIELE AUS DERENTSCHEIDUNGSPRAXIS58AUSBLICK60GLOSSAR66STATISTIK KURZ UNDKNAPP70IMPRESSUM72KONTAKTESTATISTIKEN2022JAHRESBERICHTSÄCHSISCHERLANDTAG_7.LEGISLATURPERIODEJetzt scannenund zumStatistikteil 2022kommen!
8JAHRESBERICHT 2022EU-Massenzustrom-Richtlinie, die inDeutschland in § 24des Aufenthaltsgesetzesumgesetzt wurde,umgehend gesicherten Aufent-haltsstatus. Aufgrund der großenMenge an Menschen konnte dieregulative Verwaltung in den erstenMonaten jedochnicht strukturierthandeln. Denn wenngleich dasPrüfverfahren dadurch handlicherwurde, verkürzten sich auch dieÜbergangs- und Entscheidungszeiten,die zu einer geordneten Aufnahmegehören. Die Ausländerbehördenkämpen bereits vorher mit Personal-mangel, Gesetzesänderungen undden Auswirkungen der Pandemie.kleinere regionale Einheiten ge-staltete sich mühsam. Ukrainerinnenund Ukrainern stand die behördlicheRegistrierung zwar frei, diese bildetfür die Inanspruchnahme vonLeistungen der medizinischen Ver-sorgung und der Beherbergung, vonSprachkursen und zur Beschulungder Kinder jedoch die grundlegendeBasis. Die Registrierung und dieLeistungsbereitstellung gestaltetesich für Geüchtete, Vermieterund Unterstützer schleppend.Die Entscheidung des EuropäischenParlamentes, mit einer Sonder-regelung das Asylverfahren zu um-gehen, erwies sich – wenn auchformal vereinfachend – als prak-tisch schwierig. Ukrainerinnenund Ukrainer erhielten durch dieAnwendung der sogenanntenBeherrschendes Thema:Krieg in EuropaMit dem Beginn des Krieges am24. Februar venderte sich die inner-europäische Lage massiv. RussischeTruppen grien die Ukraine an,eine beispiellose Fluchtbewegunginnerhalb Europas begann. DieZahl der Schutzsuchenden aus derUkraine, die in die BundesrepublikDeutschland und omals zuerstnach Sachsen kamen, stieg rasant.Überwiegend mussten Frauen,Familien mit Kindern und älterePersonen versorgt werden.Zusatzaufgabe fürSachsens Behördenund die GesellschaNur die große HilfsbereitschaderBevölkerung ermöglichte es, dieseSituation zu bewältigen. Zu großenAnteilen wurden die Kriegsüchtlingeprivat oder privatwirtschalich auf-genommen. Es bildeten sich sofortunzählige Gruppen und Initiativen, dieUnterküne, Sprach- und Beratungs-angebote, medizinische und psycho-logische Hilfe, soziale Betreuungund die allgemeine Versorgung derAnkommenden zivilgesellschalichorganisierten.Der Druck auf die Kommunen wuchsimmens: Die fehlende Verortungführte zu einem Überlaufen derBallungszentren, die Verteilungauf andere Bundesländer undRegistrierung in der Aufnahmeeinrichtung Dresden | Fotos: MarkusGulerWAS KENNZEICHNET 2022?Ukrainische Schutzsuchende in DeutschlandWas war 2022?
9offenes-sachsen.deInterkulturalität lebenDer Einsatz für zugkräige Bedingun-gen, damit Fachkräe kommen undbleiben wollen, stellte sich 2022 alsKernaufgabe heraus. Ausschlaggebendist dabei, welche Antworten derFreistaat Sachsen auf die r einwan-dernde Menschen wichtigen Fragenndet: Wie komplex sind die Aner-kennungsverfahren ihrer beruichenQualikation? Wie werden sie im All-tag integriert? Auf welches gesell-schaliche Klima treen sie? Die Dis-kussionsreihe »Die interkulturelleGesellscha– Perspektiven undChancen für Sachsen« des Säch-sischen Ausländerbeauragten inKooperation mit der SächsischenLandeszentrale für politische Bildungbeschäigt sich deshalb seit Ende2022 mit den verschiedenen Facettenvon Integration, vom Arbeitsmarktüber Verwaltung bis zuReligion.44Website des SächsischenAusländerbeauragten, Link:sab.landtag.sachsen.de/de/Vortragsreihe-Interkulturell.cshtmlwanderte Fachkräe auf allen Ebenenvor einem Kollaps stünde.2Die Zahlensind auch in Sachsen alarmierend:Insgesamt 60 Prozent der Unterneh-men wiesen vakante Stellen aus.Hochgerechnet auf alle sächsischensozialversicherungspichtig Beschäf-tigten entsprach diese Relation rund100000 freien Stellen im Freistaat.Auch wenn bereits mehr als jedesdritte Unternehmen ausländischesPersonal beschäigte, so war dasseit zwei Jahren geltende Fachkräe-einwanderungsgesetz (FEG) nureiner Minderheit der Unternehmenbekannt. Neben dem bürokratischenAufwand stellten für viele Unter-nehmen vor allem die Sprachbarrierensowie die Rekrutierungskostendie entscheidenden rden dar.32SVR Jahresgutachten 2022, Link: www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2022/05/SVR_Jahresgutachten_2022.pdf3Sächsisches Fachkräemonitoring 2022,Link: www.ihk.de/chemnitz/standortpolitik/konjunktur/analysen/fachkraee-3181632GleichbehandlunggewährleistenViele Ukrainer hoen, sie würdennur für kurze Zeit bleiben müssen.Die Honung erfüllte sich nicht. ImJuni 2022 erfolgte in der Bundes-republik der Wechsel der ukrainischenVertriebenen in den Rechtskreis desSGB II. Diese Maßnahme sollte auchdie Ausländerbehörden entlasten.Überdies warnten Verbände, Kirchen,Organisationen und Einrichtungender Flüchtlingsarbeit vor einerUngleichbehandlung verschiedenerGruppen von Geüchteten undkritisierten, die Bevorzugung der»einen« vor den »anderen«.Die »einen«, das sind ukrainischeStaatsangehörige; die »anderen«,das sind Menschen aus anderenRegionen der Welt, die Schutz vorKrieg und Gewalt suchen, und es sindbeispielsweise auch aus der UkraineGeüchtete ohne ukrainischeStaats-angehörigkeit.Fachkräeeinwanderungs-gesetz nutzenDer Krieg in der Ukraine hat Dieren-zen weit aufgebrochen. Und er hatbewusst gemacht, wie stark die inter-nationale Staatengemeinschamiteinander verwoben ist. Kurz nachKriegsbeginn stieg die Inationrasant an, im Oktober überschritt siein Sachsen die Zehn-Prozent-Marke.Doch die damit verbundenenLebensmittelteuerungen und steigen-den Heiz- und Stromkosten bliebennicht die einzigenSorge-Themen:Der Fachkräemangelerreichte 2022 inDeutschland einen neuen Höchst-stand.1Der Sachverständigenrat fürIntegration und Migration mahntebesonders im Hinblick auf das Gesund-heitswesen, dass dieses ohne einge-1ifo Institut, Link:www.ifo.de/pressemitteilung/2022-08-02/fachkraeemangel-steigt-auf-allzeithochInterkulturalität in der Arbeitswelt
10JAHRESBERICHT 2022noch 1061 betragen. Im öentlichenDienst lag der Anteil von Ausländerin-nen und Ausländern zum Stichtag30. Juni 2022 in Sachsen mit 523 aus-ndischen Beschäigten bei 0,53 Pro-zent.1Der Freistaat Sachsen hat im letztenJahr einen Anstieg eingegangenerAsylerstanträge registriert. Syrien istzahlenmäßig bundesweit (70976)und sachsenweit (4253 Erstanträge)an erster Stelle. In Sachsen stehtVenezuela an zweiter Stelle (1672 Erst-anträge), Afghanistan an dritterStelle (1204 EA) und Türkei auf Platz4(1074 EA). Bundesweit an zweiterStelle: Afghanistan mit 36358 EA,und dritter: die Türkei (23938 EA).Über 10470 Asylerstanträge wurdeim letzten Jahr entschieden, wobeidiese nicht aus dem Jahr 2022 stam-men müssen.Besonders ausschlaggebend war imJahr 2022 die Zuwanderung durchMenschen aus der Ukraine. Über dieGrenze des Bundesgebietes kamen54276 Nichtdeutsche aus der Ukrainenach Sachsen. Davon wurden unge-fähr 17000 Menschen in sächsischenAufnahmeeinrichtungen aufgenom-men. Von diesen rund 17000 Men-schen wurden circa 10000 weiterver-teilt, 2700 dabei auf andereBundesländer und 7000 innerhalbvon Sachsen.1Quelle: Bundesagentur für Arbeit.Viele der in Sachsen lebendenausländischen Personen sind zurAusbildung und wegen des Erwerbshier. Allein 18 491 ausländischeStudierende besuchten im Winter-semester 2022/23 Sächsische Hoch-schulen, das entspricht etwa 17,6 Pro-zent aller Studierenden. Die Mehrheitder ausländischen Studierendenkam aus Asien (9843) – die meistendabei aus China (2866). Im Bereichder Ingenieurwissenschaen studier-ten 48,1 Prozent der ausländischenStudierenden (8891); fast jeder füne(19,3 %) in der chergruppeRechts-,Wirtschas- und Sozialwissenschaften(3562).Bei der Sächsischen Landesärzte-kammer waren 3084 ausländischeÄrztinnen und Ärzte aus 102 Nationenim Jahr 2022 gemeldet. Davon sind2819 berufstätig. 2007 hatte die Zahlausländischer Ärztinnen und ÄrzteDer Anteil an ausländischen Personenliegt in Sachsen deutlich unter demBundesdurchschnitt von 14,6 Prozent.Ende 2022 lebten 297598 Personenohne deutsche Staatsangehörigkeit imFreistaat Sachsen. Bei 4,09 Mio. Ein-wohnerinnen und Einwohnernentspricht das 7,3 Prozent. In den Kreis-freien Städten Dresden, Chemnitzund Leipzig ist der Anteil an auslän-dischen Personen zwischen 10 und13 Prozent und damit deutlich höherals in den Landkreisen. Dort liegt derAnteil meist zwischen 3 und 6 Prozent.In Sachsen lag das Durchschnitts-alter der deutschen Bevölkerung imJahr 2022 bei 47,9 Jahren. Im Gegen-satz dazu war die ausländische Bevöl-kerung im Durchschnitt 32,2 Jahre alt,also rund 15,7 Jahre jünger als diedeutsche. Das Durchschnittsalter derGesamtbevölkerung Sachsens lag2022 bei 46,8 Jahren.ABC-Tische | Foto: Stefan MertenskötterAUSLÄNDISCHEPERSONENINSACHSENWas war 2022?
11offenes-sachsen.deProjekte des DSMbeschäigen sich u.a. mitpolitischerBildung,Empowerment, Antirassismus undDemenz.Ein für denDSM zentrales politischesVorhaben betridasgeplante Sächsische Integrations- und Teilhabegesetz. DerDSM hat am Beteiligungsprozesszum geplanten Gesetzmitgewirkt und einEckpunktepapiermit konkreten For-derungen vorgelegt,für dieer sichseitdem aufallenEbenen stark macht. Im Zuge der geplanten Novellierungder rderrichtlinie hat der DSM im Herbst 2022 einEckpunktepapierveentlicht, das konkrete Forderungenr eine nachhaltige Veränderung der Förderpraxis beinhal-tet und aus einem eigenenPartizipationsprozesshervor-gegangen ist.Oberste Priorität in der Arbeit des DSM hat ein wirksamesIntegrations- und Teilhabegesetz, welches noch in dieserLegislaturperiode verabschiedetwerden soll.Sachsen musssich dabei um alle hier ankommendenMigrant*innen glei-chermaßen gut mmern. Wir brauchen die Vermittlungvon Sprache, die Möglichkeit zur Arbeit und Bildung mög-lichst vom ersten Tag der Ankunan – unabhängig vomGrund der Migration.Wir müssen unszusammen um unkom-plizierte sungen bemühen, damit alle Menschen, die zuuns kommen, ihre Talenteauch in unsere Gesellschaeinbringen und an ihr teilhaben nnen – nur dann wirdSachsen auchfür Fachkräezuwanderungattraktiv undkannentsprechend Beschäigte im Freistaat halten.SeitseinerGründungimJahr2017durchmehrals40Migrant*-innenorganisationen hat sich derDachverband chsischerMigrant*innenorganisationen e.V. (DSM) stetig vergrößert.Ervereint derzeit knapp65 Mitgliedsorganisationen, welcheMenschen aus über 20 verschiedenenHerkunsländernrepräsentieren. 2021 wurde der zehnköpgeVorstand desDSMdurch seineMitglieder aufseinerjährlichen Mitgliederversammlungneugewählt. DieAusrichtung desVerbandswird durch die drei Vorsitzenden Kanwal Sethi, Si Cao undAzim Semizoğlu geleitet und durch denneu eingerichtetenDSM Beiratberaten.Der DSM wirkt sowohl nach innen in seiner Funktion alsDienstleister gegenüber seinen Verbandsmitgliedern als auchnach außen: Als eingemeinsames Sprachrohr vertritt erdieInteressen vonMigrant*innen undMenschen mitMigrations-geschichte inSachsen gegenüberallen relevantenpolitischenAkteuren und Institutionen auf Landesebene und fordert einegleichberechtigte und umfassende Teilhabein allen Be-reichen der Gesellschafürsie ein. Dabei istder DSM in ver-schiedensten Landesgremien vertreten.Die Arbeit des DSM konnte aus dem Ehrenamt heraus aufmittlerweile20 hauptamtlicheMitarbeiter*innenverteiltwerden. Finanziert wird diese Arbeit durch Beiträge der Mit-gliedsvereine und vor allem durch Projektförderungen ausverschiedenen Bundesmitteln und vom Freistaat über diesächsische Förderrichtlinie »Integrative Maßnahmen«. DieDer Co-Geschäsführer des DSM stellte während des Fachtags die Ergebnisse der Bedarfsanalyse vor,die vom DSM mit verschiedenen Migrant*innenorganisationen in Leipzig durchgeführt wurde. | Foto: Erik PeukerVon Lisa-Marie LauxDachverband sächsischer Migrant*innenorganisationen e.V.DER DACHVERBAND
12JAHRESBERICHT 2022Bei abklingendem pandemischen Geschehen traten durch den Zustrom vonukrainischen Schutzsuchenden die Themen Schutz und Migration imFrühjahrunvermittelt und deutlich in die politische Arena ein. Im Vergleich zu den Vor-jahren waren dieSchlagworte Asyl undZuwanderung in denTagesordnungen desSächsischen Parlaments aber weniger präsent.Migration als Thema der Parlamentarischen Debatten imPlenum des Sächsischen LandtagsEine Regierungserklärung in der 46. Sitzung am 23. März zum Krieg in der Ukraine zeigtebereits einen Monat nach dem Kriegsausbruch auf, welche Aufgaben von Staat undGesell-schabewältigt werden müssen. Die Unterstützung der Ukraine sollte sich in Sachsenin derAufnahme und zeitweiligen Integration von Geüchtetenmanifestieren. Das Thema konkre-tisierte sich inder 54. Sitzungvom 14. Juliin einer Befragungdes Staatsministers fürKultuszum Thema: »Starker Einsatz an der Belastungsgrenze: Bildung für Kinder und Jugendlicheaus der Ukraine«.Die Abgeordneten bei der Abstimmung zum Jahresbericht 2021 | Fotos: Markus GulerAktivitäten des ParlamentesZUWANDERUNG UND MIGRATIONIM SÄCHSISCHENLANDTAGWas war 2022?
13offenes-sachsen.de(Drucksache 7/11246) und zurKenntnis genommen worden.Dies war auch dieBeschluss-empfehlung des Innenausschusses.Migration auf der Tagesordnungdes PlenumsGroße Zustimmung sowohlim Ausschuss alsauch imPlenum fand die moderne digitale Berichterstattungan das Parlament. Der Bericht wurde als sogenanntesFlipbook im Internet angeboten. Insbesondere mit derDarstellung und Visualisierung auf verschiedenstenEnd-geräten wurde denAnforderungen der NutzerinnenundNutzer entsprochen.Einegedruckte Ausgabedes Berichtesund des umfangreichenStatistikteiles wurde ebensoange-boten wie barrierefreie PDF-Varianten und eine archivierbareVersion.Eine explizite Migrationsdebatte verzeichnet das Protokollder Landtagssitzungen indes nicht. Dochnden sichdieThemen indirekt in den Debatten zum Doppelhaushaltam Ende des Jahres.Nicht beschlossen wurde der Antrag der FraktionDIE LINKE inder 52. Sitzungvom 2. Juni:»Geüch-teten Menschen eine Bleibe- und Lebenspers-pektive in Sachsen geben:Chancen-Aufent-haltsrechtauch in Sachsen regeln – Jetzt!«.Auch keine Mehrheit erhielten die Anträgeder AfD-Fraktion zur Verhinderung »einerunkontrolliertenMassenmigration«1sowiezur Abschaung des»Zentrum für Fach-kräftesicherungundGuteArbeit(ZEFAS)«2und zum»missbuchlichenBezug von Sozialleistunge3durchukrainische Flüchtlinge.Zwei Gesetzentwürfe wurdenin dieFachausschüsse verwiesen. Das betrafzum einendas »Gesetzzur Verbesse-rung der Teilhabe von Migrantinnenund Migranten im Freistaat Sachsen«der FraktionDIE LINKEund zumanderen das »Gesetz zur Einführungeines Kopuchverbotsin Schulenund inKindertageseinrichtungen«der Fraktion AfD.Jahresbericht 2021 des SABim PlenumAm 9. November2022 beriet dasPlenumüber den Jahresbericht des chsischenAusländerbeauragten für das Jahr 2021.Der Bericht4war nach seiner Übergabeanden Landtagspräsidenten umgehend imAusschuss für Inneres und Sport beraten1DS 7/11096 Unkontrollierte Massenmigrationverhindern – Grenzen sichern.2DS 7/9964 Doppelstrukturen abschaen Keine weiteren Haushaltsmittel für das Zentrum fürFachkräesicherung und Gute Arbeit (ZEFAS).3DS 7/11141 Grundsätze des Leistungsrechts auch beiFlüchtlingen aus der Ukraine beibehalten und dadurchmissbräuchlichen Bezug von Sozialleitungen vermeiden.4DS 7/10990 – Unterrichtung durch den SächsischenAusländerbeauragten.Geert Mackenroth reagiert auf den Redebeitrag eines Abgeordneten.Der Jahresbericht 2021 im Plenumdes Sächsischen Landtags.
Fraktion DIE LINKE | Fotos: Oliver KilligAfD-Fraktion14Die Hauptthemen bliebenNUR DIEABGEORDNETEN DERAFD UND DER LINKENFRAGTENDIESTAATSREGIERUNGWas war 2022?
15Insgesamt verzeichnet das Elektronische Datenbank- und Archivsystem desLandtags für 2022 unter dem Sachgebiet »Ausländer, Migranten« 432 Fundstellen.Davon waren 408 Kleine Anfragen und 24Sonstige Anträge. Diese inhaltlicheZuordnung deckt sichmit der internenErfassung der Drucksachenin der Geschäs-stelle des SAB. Etwa 90 Prozent der Kleinen Anfragen thematisierten Personen undThemen im KontextAsyl. Bei Fragennach Asylverfahren standenStatistiken zu Unterbrin-gungen und die Aufnahmen in diversen Zeiträumen/Städten/Landkreisen im Interesse.Die AfD-Fraktion fragte dabei etwa doppelt so viel wie die Fraktion DIE LINKE.Von den 311 Anfragen derAbgeordneten der AfD-Fraktion betreen überein Drittel (132) dasThema Straaten und sind Reaktionen auf lokale Meldungen zur Kriminalität. Die Fragenzielen auf Zusammennge zwischen Herkun, Aufenthaltstitel und krimineller Handlung.Ein weiteres Drittel der Fragen an die Staatsregierung befasste sichmit den Aufwendungendes Staates für die Aufnahme (66) und weiteren Kosten (44).Die Politikerinnen undPolitiker der FraktionDIE LINKE wendensich in ersterLinie dann andie Staatsregierung, wenn sieFragen zur Abschiebung einzelnerPersonen bzw. zu Abschiebe-regelungen oderzur Aufnahmebeantwortet habenmöchten. WeitereHauptthemen derKleinenAnfragen betreen Asylverfahren und Aufenthaltsstatus.Kleine Anfragen – Fraktionen ThemenKleine Anfragen – Verteilung nach FraktionenFraktionAfDLINKEAbschiebung allgemein1012Abschiebung Einzelfall020Asylverfahren /Aufenthaltsstatus2017Unterbringung611Straftaten1321Kosten447(illegale) Einreise10Aufnahme6621Integration194Migration allgemein23Freiwillige Ausreise70Sonstige41Quelle: EDAS; Geschässtelle des SAB.AfDDIE LINKE31197
16JAHRESBERICHT 2022Stressfaktoren analysierenIntern habe man seit 2019 professionell die Prozesse analy-siert, geschaut, welche Stressfaktoren es für Mitarbeitergebeund wo diemeiste Arbeitszeit liegenbleibe. Heraus kam,dasstelefonische Nachfragen die Sachbearbeiter immer wiederherausgerissen hätten. Es dauereeben, bis Name, PersonundAnliegen wieder auf dem Schirm seien. 900 Anrufe wurdenpro Woche gezählt. Als hinderlich erwiesen sich auch dievielen ungeplanten persönlichenVorsprachen. Im Ergebnisführte die Behörde eine Servicenummer ein. Dabei gibteinDiensthabender zu allenFällen Auskunzum Sachstandundhält den anderen so den Rücken frei. Die freienServicezeitenwurden deutlich von vier auf zwei Tage pro Wocheeinge-schränkt und im Gegenzug ein Bestellsystemeingehrt.So nnten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf denTermin vorbereiten. Zudem erhielten Bewerber vorausschau-end von der Behörde einen Termin, wennin absehbarer ZeitVerlängerungen oder Erlaubnisse zu beantragen seien. Inder Einladung steht auch, welche Unterlagen zur abschlie-ßenden Bearbeitung mitzubringen seien. Aktuell werden80 Prozentdes Kundenstromesbestellt. Innerhalbvon zehnTagen sollen die Antragsteller dann eine ckmeldung er-halten.Zusatzaufgabe 3500 UkrainerNormalerweise bewegensich dieBetreuungszahlen imVogtlandkreis bei etwa 1750 Asylbewerbern von insgesamt13500 Ausländern.Mit Beginndes Kriegeswurden proTag biszu 100 Schutzsuchende aufgenommen.Der Ansturm konntenicht komplikationslos bewältigt werden. Was Mittenzweyund seinen Mitarbeiternaber half, wardie Rückendeckungder Bürgermeister. Sie warben im Umland für dieUnterbrin-gung. Außerdem konnte den privatenVermietern eine Unter-bringungspauschale von 5Euro pro Tagund Flüchtling ga-rantiert werden.Jens Mittenzwey strahlt, wenn er nach seiner Arbeit gefragtwird. Seit 2015 leitet der Diplomverwaltungswirt die Auslän-derbehörde im Vogtlandkreis. Immer wieder betont er imGespräch, dass er Freude daran hat,Verwaltung zu gestaltenund Prozesse zu optimieren. Das geschieht zum Vorteil derKlienten und der Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter. »Das istaber nur möglich, weil meine Vorgesetzte sowie mein alterund neuer Landrat uns vertrauen und stärken«, sagt der43-hrige. Einfach wares trotzdem nicht.Allein die Anzahlder von einem Sachbearbeiter zu betreuenden lle stiegin den letzten fünf Jahren von 700 auf rund 1100 und nachden Pandemiejahren war es gerade 2022 nicht einfach.Jens Mittenzwey | Foto: Landratsamt Vogtlandkreis»Nicht verhindern, sondern ermöglichen.«DIEAUSLÄNDERBEHÖRDEIM VOGTLANDKREISWas war 2022?
17offenes-sachsen.deWanderakten vermeidenFälle mit verzwickten Sachlagen, für die es keine eindeutigeEntscheidungsgrundlage oder viele Mitentscheider gebe,produzierten Akten, die im Vogtlandkreis »Wanderakten«genannt werden. Sie wandernim Aktenstapel immer weiternach unten, weil sie der Sachbearbeiter nicht abschließenkann. Dadurch entstehen lange Bearbeitungszeiten, Nach-fragen, Zwischenbescheide und Frust. Dem versuche mansoentgegenzuwirken, dass dieAkten spätestens nachacht Wo-chen vom Vorgesetzten rausgezogen würden und gemeinsamEntscheidungen gellt werden. Diese würden wiederumallen bekannt gemacht, damit vergleichbare lle leichterund mit ckhalt bearbeitet werden können.Gegenrecherche: Welchen Rufgenießt die Ausländerbehördebei anderen, die es wissen müssten? Die Integrationsbeauf-tragte des Landkreisesstellt kurz undknapp fest, dasses beidenen läu. Wenn man anru, bekomme man immer jeman-den ansTelefon undTermine sindmeist inzumutbarer Fristzu bekommen. Auch in der Geschässtelle der Sächsischenrtefallkommission fällt das Vogtland positiv auf. Von dortkomme wenig, weil anscheinend die meisten kniigen Fällevor Ort geregelt werden.Nach Wünschen und Zukunbefragt, ist der Amtsleiter zu-rückhaltend. Im Landkreis und beim Land läge da wenigEntscheidungskompetenz. Hilfreich könne einezentraleRückführungsorganisation im Bund sein. Wir werden Mi-gration nicht verhindern nnen, sagt er schließlich. Sieseischonimmer daund müssegestaltet werden,geradewenn esum die Anwerbungund Beheimatung von Fachkräf-ten gehe.»Aber das kann jaauch Spaß machen«, strahlt er.Möglichst an einem Punkt entscheidenIn der Ausländerbehörde im Vogtlandkreis sind die Sach-gebiete Recht, Unterbringung und Soziale Betreuung gebün-delt. Das schakurzeEntscheidungswege. »Ein Bewerber,dem ein Bearbeiteroder eine Bearbeiterindie Arbeits-erlaubnis entziehen muss,muss sich nichtum einen weiterenTermin wegen der Sozialleistungen bemühen. Die Anträgewerden gleich mit erledigt. Wartezeiten, Nachfragen oderZwischenbescheide entfallen«, so Mittenzwey.»Wir möchtenals Ausländerbehördenicht verhindern,sondern ermöglichen«, sagt der Amtsleiter.Das setze voraus,dass alle Angestellten mitziehen müssen, was der Fall sei.Im Teamseien alleAltersgruppen vertretenund dasDurch-schnittsalter liegt bei 29 Jahren.Sachbearbeiter müssenungestört ihre Fälle bearbeitenkönnen. Deshalb gäbe esdaszentrale Servicetelefon und den deutlichen Hinweis, auchdie angebotene Telearbeit zunutzen. Das schae AnreizeundAkzeptanz, da im VogtlandArbeitswege von bis zu70 Kilo-metern nicht selten seien. Der Anteil der Telearbeit stieg seitCoronaum 30 Prozent.Ermöglicht werden solle auch Erwerbstätigkeit beiden Klien-ten, was wiederum die Sozialsysteme und die Verwaltungentlaste. Um 30 Prozent seidie Erwerbsquote seit 2015 gestie-gen. SeinerErfahrung nach soMittenzwey –funktioniere dieMotivation besser als Sanktionen und er lobt ausdrücklichden guten Kontakt mit derArbeitsagentur, speziell denArbeitsmarktmentoren, mit Helferkreisen, den Ehrenamt-lichen und derIntegrationsbeauragten. Nur mitKommuni-kation und Vertrauen funktioniere das System. Wichtig seiihm auch, dass der Kontakt bis zu den Hausmeistern reiche,die die Gewährswohnungen betreuen.Jens Mittenzwey (l.) mit Laura Thiedmann,kommissarischeSachgebietsleiterin Asyl undIntegration undChris Simon, SachgebietsleiterWohnungsverwaltung und soziale BetreuungFoto: Pressestelle Vogtlandkreis
18JAHRESBERICHT 2022erfüllt wird, werden die Mitarbeiterpermanent geschult. Spezialisie-rungen gibt es beispielsweise beimAsylrecht, beim Einbürgerungsver-fahren und der Erwerbsmigration.»UnsereMitarbeiter müssen einefachliche Breite und Tiefe bis insDetail beherrschen, damit dieoder ändert der Gesetzgeber weit-reichende Regelungen. Ausführungs-bestimmungen, Rechtsprechung undKommentare folgen versetztDamitdie Klienten fachkundig und basierendauf dem aktuellen Stand im Verfahrenbegleitet werden können und derGestaltungswille des GesetzgebersDie Ausländer-behörde derStadt Leipzig gehörtzu den größten inDeutschland. Aktuellarbeiten hier 108 Frauenund Männer, die etwa 85000Klienten betreuen, sagt GuidoErmisch. Der sportliche Mann istAnfang dreißig und leitet die Behördeim Technischen Rathaus seitAugust 2022. Das Thema Migrationbeschäigt ihn bereits seit über zehnJahren. Nach seinem Studium derVerwaltungswissenschaen an derHochschule der Sächsischen Verwal-tung in Meißen stieg er im BereichAKZESS1bei der Einführung standar-disierter und transparenter Prozessefür Fachkräe ein. In Leipzig hat mansich grundsätzlich für eine Trennungder ausländerrechtlichen Fach-gebiete von den Sozialleistungen,also auch der Unterbringung,entschieden. Auch innerhalb seinesFachbereiches setzen Ermisch undseine Kolleginnen und Kollegen aufSpezialisierung: »Ausländerrecht isteiner sndigen Venderung unter-worfen. Nahezu aller drei Jahre tri1AKZESS Ausländische Fachkräe-Zuwande-rung ezient und sensibel steuern.Guido Ermisch leitet die Ausländerbehörde im Technischen Rathaus. | Fotos: Markus GulerWIR WOLLENEINEWILLKOMMENSBEHÖRDESEIN.GuidoErmischIm Gespräch mit dem Leiter derLeipziger Behörde, Guido ErmischALS AUSLÄNDERBEHÖRDEBEGLEITENUND NACHVOLLZIEHBARENTSCHEIDENWas war 2022?
19offenes-sachsen.deDie Arbeit derAusnderbehördenbleibt entscheidendAngesprochen auf die hohen Erwar-tungen, die von Politik, gesellscha-lichen Gruppen und den Klientenan die Ausländerberden gestelltwerden, wünscht sich Ermisch wieauch seine Mitarbeitenden mehr Die-renzierung. »Unsere Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter bringen sich wirklichein«, sagt er. »Etwa 99 Prozent derFälle werden mit einem positivenErgebnis für die Betroenen abge-schlossen.« Nach außen werdenjedoch dielle überproportionalhervorgehoben, die aus den unter-schiedlichsten Gründen ungünstigfür den Betroenen abliefen.Im Hinblick auf die politischen Ent-scheider wünscht sich der Behörden-leiter, dass der aktuelle Fokus aufdie Ausländerbehörden, als zentralerErfolgsfaktor für das Gelingen guterAnkommens- und Integrations-prozesse, dauerhagesetzt bleibtund mit der erforderlichen perso-nellen und fachlichen Basisunterstützt wird.Standorten oder aus dem Homeoceermöglichte. Die Leipziger Behördesetzt stark auf Digitalisierung, die hil,Prozesse zu priorisieren. Bewährthabe sich die stringente Zusammen-arbeit in einer Art Fließband Bürger-büro – Ausländerbehörde – Sozial-amt/Jobcenter. In vielen Fällenkonnten Antragsteller in einem Terminalle Beratungen, Anträge und Ent-scheidungen absolvieren und miteinem Leistungsbescheid gehen.»Unsere Mitarbeiter sind gut moti-viert, aber dass Bund und Land dieSchutzsuchenden aus der Ukraineauf die Kommunen delegierten, warschon eine schwierige Herausforde-rung in der Kürze der Zeit.« Wenndann die vom Bund geforderten undgelieferten PIK-Stationen (Personali-sierungsinfrastrukturkomponente)zur Erfassung biometrischer Datenimmer wieder auselen, war daseine zusätzliche Last für die Kollegenundletztlich die Antragssteller.Ermisch: »Viele Mitarbeiter, welcheuns teilweise auch aus anderen Ver-waltungsbereichen unterstützten,habenin dieser Zeit Überstunden auf-gebaut,um die Önungszeiten desAnkommenszentrums abzudecken.Ich bin allen Beteiligten unendlichdankbar für ihren engagierten Einsatz,ohne den diese historische Heraus-forderung nicht hätte gemeistertwerden können.«Menschen fachlich fundiert begleitetund beschieden werden können«,so Ermisch. »Wir wollen eine Will-kommensbehörde sein.« Das Auslän-derrecht habe sich historisch undfachlich entwickelt und werde stetig andie aktuellen Rahmenbedingungen,wirtschaliche Erfordernisse, Migrati-onsströme und an die Pluralisierungangepasst. Allein seit 2015, also inner-halb von acht Jahren, wurde dasAufenthaltsgesetz 50-mal vom Gesetz-geber geändert. Aus seiner Erfahrungbesteht ein hoher Aufklärungsbedarfbei Menschen mit Migrationshinter-grund, die zum ersten Mal mit denmitunter komplexen Verwaltungsver-fahren in Berührung kommen. O-mals sei am Anfang eines Verfahrensnicht klar, mit welchem Antragszieldie Menschen kommen. Dann kristal-lisiere sich heraus, welcher Wegunter den gegebenen persönlichenBedingungen im gesetzlichenRahmen möglich werde.Von Pandemie,elektronischer Akteund UkrainernRückblickend auf das Jahr 2022 nahmsich die Behörde zu Jahresbeginndie Einführung der elektronischenAktenführung vor. Der ging ein Ein-führungsprojekt von rund 1,5 Jahrenvoraus. Dann kam der unerwarteteZugang einer Vielzahl von ukraini-schen Schutzsuchenden unter derMaßgabe der europäischen Sonderre-geln. Der normale zeitliche Vorlauf inAufnahmeeinrichtungenentel.Um zeitweise über 200 Schutz-suchende aus der Ukraine am Tagregistrieren und beraten zu können,habe man schon aus räumlichenGründen Außenstellen schaenmüssen – etwa das Ankommens-zentrum in der Wandelhalle des NeuenRathauses. Positiv habe sich dabeidie elektronische Akte ausgewirkt,die das Arbeiten von verschiedenen
20JAHRESBERICHT 2022Sachsen nahm im letzten Jahr 18474 Asylsuchende auf. Im Jahr 2021 wurden 10222 Geüch-tete aufgenommen. Seit dem Sommer 2021 sind deutlich mehr Zuge als in den Vorjahres-monaten zu verzeichnen. Dieser Trend setzt sich auch 2022 fort. Die meisten Aufnahmengab es im Rückblick im Jahr 2015. Damals kamen 69900 Asylsuchende nach Sachsen, 2016waren es 14860 und 2017 kamen 9183 Menschen (2018: 8828, 2019: 6645 und 2020: 4463).Aufnahme von Asylsuchenden in Sachsen2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022Jan1 640 3 041 771948697543323750Feb2 011 2 209 573678514463378786März 1 413 8575177255412834411 028April 1 578 861456701517106676586Mai1 570 780732823446725671 155Juni2 286 1 253 6066794341225641 266Juli4 077 1 108 8168945492836551 175Aug5 759 1 100 8288005655608832 153Sep10 285 8638056635506041 006 3 280Okt14 339 9359406225925462 047 2 579Nov16 8621 036 1 026 6926524401 802 2 331Dez8 080 8171 113 6035884418801 385Quelle: Sächsisches Staatsministerium des Innern.20152016201720182019202020212022JanFebMärAprMaiJunJulAugSepOkt NovDezUnterbringung von Asylsuchenden inAufnahmeeinrichtungenSCHUTZSUCHENDE,QUALIFIKATION UNDBILDUNGSZUGANG IN SÄCHSISCHENAUFNAHMEEINRICHTUNGENSchutzsuchende
21offenes-sachsen.deStanden zu Beginn des Jahres 2022 zwölf Aufnahmeein-richtungen mit einer Kapazit von4520 Plätzen zur Verfü-gung, so waren es zum 31. Dezember zwölf Einrichtungen mitinsgesamt 7385 Plätzen. Keinesder Unterbringungsobjektewurde zum 31. Dezember2022 im »Stand-by-Modus« vorgehalten.11DS 7/8716, DS 7/12004, DS 7/12090Unterbringungssituation in AufnahmeeinrichtungenHinweis: Es wurden jeweils zur Verfügung stehende Daten von Stichtagen verwendet, die dem Quartalsende am nächsten kommen.Daten für 2022 hinsichtlich der Kapazität entsprechen der Gesamtkapazität, unabhängig von der Nutzung(auch Unterbringung ukrainischer Kriegsflüchtlinge); Belegungsdaten beziehen sich ausschließlich auf Asylbewerber.Quellen: Sächsisches Staatsministerium des Innern; ab*31.12.2021: DS 7/8716, 7/9519, 7/10300, 7/11116, 7/12090.27.01.202124.03.202123.06.202129.09.202131.12.2021*KapazitätBelegung0100020003000400050006000535520641628195529712377535544804230452001000200030004000500060007000800031.12.2021452023772770320349854449587055006960738529.03.202230.06.202230.09.202231.12.2022KapazitätBelegung
22JAHRESBERICHT 2022Qualikation von Personal derAufnahmeeinrichtungenDie Betreiberder Aufnahmeeinrichtungengewährleisten eineregelmäßige Schulung und Fortbildung des eingesetztenPersonals. Sie haben verpichtend sicherzustellen,dass dasPersonal der Einrichtungsleitung und der Teamleitung So-ziale Betreuung vor dem ersten Einsatz und wiederkehrendim Bereich interkultureller Kompetenzund Gewaltpräventiongeschult und fortgebildet wird. DieSchulung in interkultu-reller Kompetenz soll möglichst Kenntnisse und Sensibilisie-rungsmaßnahmen für geschlechtsspezischeVerfolgung, dengeschlechter- und kultursensiblen Umgang mitAsylbewer-bern sowie die besondere Situationvulnerabler Gruppenumfassen.Die Betreiber haben verpichtend sicherzustellen, dass dasPersonal für dieKinderbetreuung und sozialeBetreuung vordem ersten Einsatz und wiederkehrend infolgenden Be-reichen geschult und fortgebildet wird: ersteHilfe, interkul-turelle Kompetenz,Umgang mittraumatisierten Asylbewer-bern, Gewaltprävention und Deeskalationstraining sowieUmgang mit Alkohol- und Drogenmissbrauch.Die Sicherheitsunternehmen haben zudem verpichtendsicherzustellen, dassdas Wachpersonalvor demersten Ein-satz und wiederkehrend an Ersthelferschulungen, Brand-schutzhelferlehrgängen, Deeskalationstraining und Schulun-gen zu interkultureller Kompetenz erfolgreich teilnimmt.Zu weiteren Fortbildungen, die die Betreiber alle zwei Jahreoder bei Bedarfanbieten, gehören: Umgangmit sexualisierterGewalt, Arbeitssicherheitsunterweisung, Hygiene, Datenschutzund Brandschutzunterweisungen.Als Nachweis über absolvierte Fortbildungenund Nach-schulungen reichendie BetreiberTeilnahmebescheinigungender jeweiligen Mitarbeiter ein, welche durch die Landesdi-rektion Sachsen kontrolliert werden. Dies erfolgt zu unter-schiedlichen Zeitpunkten mehrmals im Kalenderjahr.22DS 7/9869, DS 7/13472.Bildungszugang von Kindernund Jugendlichen inAufnahmeeinrichtungenDie Grundlage für Bildungszugang von Kin-dern und Jugendlichenin Aufnahmeein-richtungen des FreistaatesSachsen bil-den Art.14 derRichtlinie 2013/33/EU(Aufnahmerichtlinie) sowie§§ 26,28des Schulgesetzes in Verbindung mitden Änderungen des Asylgesetzes imJuli 2017. r alle Kinderab sechsJahren,unabhängigvomAufent-haltsstatus,bestehtinSachseneine Schulpicht.Zum Stichtag 31. Dezember 2022befanden sich im Freistaat Sach-sen 518 Personen unter 18 Jahrenin Aufnahmeeinrichtungen, dar-unter 337 im schulpichtigen Al-ter. Insgesamt 63 Kinder und Ju-gendlicheimschulpichtigenAlter waren länger alsdrei Monate,17 Personen länger als sechs Mo-nate und keine Person länger alszwölf Monatein einerAufnahme-einrichtung untergebracht.Im 2. Halbjahr 2022 befanden sichinsgesamt1876 Kinder undJugend-liche über eine durchschnittlicheDauer von 20bis24 Tagen im Lern-angebot und indiesem Zeitraum wur-den insgesamt 20 Lehrkräe einge-setzt.3Das Bildungsangebot für Kinder undJugendliche in Aufnahmeeinrichtungenumfasst dieModule GrundlagenderMathematik, Englisch sowie Bewegungund Kunst. Die Vereinbarungen zum Bil-dungsangebot sehen keine Trennung nachSchularten vor. Unterrichtet wird in den Al-tersgruppen sechs biself Jahre undzwölf bis18 Jahre. Die Gruppenstärkesoll dabei 15 Teil-nehmende nicht übersteigen.43DS 7/12007.4DS 7/12007, DS 7/9103.Schutzsuchende
Foto: Mehrgenerationenhaus Chemnitz
24JAHRESBERICHT 2022von 20:00Uhr bis6:00 Uhrsoll nebeneinem ständigenAn-sprechpartner eine weitere Person eingesetzt werden. EinBetreuungsschlüssel entsprechend einer Regelaufnahme-einrichtung ist nichtvorgegeben, weil dasmedizinische undpegerische Fachpersonalin derEinrichtung sowieein Pege-dienst aufGrundlage einerärztlichen Verordnungneben dersozialen Betreuungauch pegerischeLeistungen derGrund-und Behandlungspege erbringt. Weiterhin wird eine psycho-logische/psychotherapeutische Betreuung angeboten.5In denkommunalenEinrichtungenvariiert derBetreuungs-schlüssel je nach Größe der Einrichtung und Möglichkeitender Landkreise und Kreisfreien Städte von 1:40 bis 1:600.Inder StadtDresden gibtes keinenxen Betreuungsschlüssel.Die Stadt Chemnitz hat einen Betreuungsschlüssel 1:80 fest-gelegt. In der Stadt Leipzig werdenin der Flüchtlingssozial-arbeit der Gemeinschasunterküne für Personen im Leis-tungsbezugAsylbLGfolgendeBetreuungsschlüsselangewandt: für kleine Unterküne bis 100 Plätze 1:40 undfür große Unterküne ab 100 Plätze 1:50. r Personen imLeistungsbezug SGB II gilt inallen Gemeinschasunter-künen der Betreuungsschlüssel 1:100.Im LandkreisSächsische Schweiz-Osterzgebirgeist dieDauerdes Leistungsbezugs ausschlaggebend für die Festsetzungdes Betreuungsschlüssels. Bei einem Leistungsbezugbisneun Monate gilt der Betreuungsschlüssel 1:50, bei einemLeistungsbezug ab 37 Monate gilt ein Betreuungsschlüsselvon 1:600.6Verteilung auf die KommunenDie Asylsuchenden werden nach Registrierung und medi-zinischer Untersuchung inden Aufnahmeeinrichtungen desFreistaates in der Regel nachkurzer Zeit in die Unterkünein den Kommunen verteilt. Asylantragsteller aus sicherenHerkunsstaaten hingegen sollen bis zum AbschlussderVerfahren in einer Aufnahmeeinrichtung verbleiben.Die Verteilungsquoten für die landesinterne Verteilung derAsylbewerber in Sachsen werden jährlich aus dem jeweiligenAnteil der Wohnbevölkerung der Landkreise undKreisfreienStädte an der sächsischen Gesamtbevölkerung zum Stich-tag 30. Juni berechnet. Die Verteilungsquotenfür das Jahr 2022beziehen sich demnach auf denBevölkerungsstand vonJuni 2021. Daraus ergibt sich folgende Verteilung:5DS 7/12002.6DS 7/12002.Flüchtlingssozialarbeit in chsischen undkommunalen Unterbringungseinrichtungenr GeflüchteteFür die soziale Betreuung der untergebrachtenPersonenin den landeseigenen Aufnahmeeinrichtungensind dieAuragnehmer bei einer Belegungskapazität bis zu 200 Per-sonen verpichtet, täglich von 6:00 Uhr bis 24:00 Uhr vierBetreuer sicherzustellen.Darüber hinausist einBetreuungs-schlüssel (Sozialarbeiter pro Geüchtete) von mindestens1:70 zu gewährleisten.In den Aufnahmeeinrichtungen für bis zu 100 Bewohner sindin der Zeit von 0:00 Uhr bis 6:00 Uhr mindestens zwei Be-treuer (jeweils eine Person weiblich und männlich) einzu-setzen. Bei bis zu 520 untergebrachten Personen sind min-destens drei,bei bis700 vierund bis1000 untergebrachtenPersonen sind mindestens fünf Betreuervollumfänglich ein-zusetzen.Für die sozialeBetreuung der untergebrachtenPersonen inder Aufnahmeeinrichtung zur Unterbringung und Ver-sorgung vonAsylbewerbernmitbesonderem Betreuungs  und/oderPegebedarfverpichtensich dieAuragnehmer in jedemder Unterbringungsobjekte,täglich von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhrmindestens zweiBetreuer vollumfänglich einzusetzen. In der ZeitFoto: neue heimatEVSchutzsuchende
25offenes-sachsen.deVerteilungsquoten innerhalb Sachsens(für das Jahr 2022)Die Landeshauptstadt Dresden und die Stadt Leipzig alsdie Gebietskörperschaenmit demchsten Belke-rungsanteil nehmen demnach zusammen gut ein Viertelder Asylbewerber auf. Geregelt ist die Unterbringung undVersorgung imchsischen Fchtlingsaufnahmegesetz(SächsFlüAG).Unterbringung in den KommunenDie Asylbewerberwerden entsprechenddiesem Vertei-lungsschlüssel in denLandkreisen und KreisfreienStädtenuntergebracht. Versorgung, Betreuung und Art der Unter-bringung obliegen dabei den Kommunen. Sie kann zentralin Gemeinschasunterkünen oder dezentral in Wohnun-gen bzw. Wohnprojekten erfolgen.Die Verteilung innerhalb der Kommunen setzen diese ineigener Verantwortung und entsprechend den Gegeben-heiten vor Ort um.Verteilungsquoten innerhalb SachsensQuelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen(Gebietsstand: 30.06.2021).Stadt DresdenStadt LeipzigStadt ChemnitzBautzenGörlitzSächsischeSchweiz-OsterzgebirgeMittelsachsenMeißenNordsachsenErzgebirgskreisVogtlandkreisZwickauLeipzig13,714,867,36,267,45,94,98,25,57,76,4Foto: Diakonie Westsachsen
26JAHRESBERICHT 2022schasunterkünen zur Verfügung, diezu 74,3 Prozent belegtwaren. Dazu gab es 22944 Plätzein Wohnungen, die zu74,7 Prozent genutzt wurden.Die oben stehende Übersicht verdeutlicht die Entwicklungder Unterbringungssituation anhand der Anzahl der Gemein-schasunterküne in Sachsen über den Jahresverlauf.Darinnden sich sowohl als Interims- oder Notunterküne be-zeichnete Unterküne als auch gemietete Plätze in Hotels,Pensionen, Gästehäusern undFerienwohnungen etc. wieder.Aufgrund des erhöhten Bedarfs durch die Aufnahmevonukrainischen Kriegsüchtlingen waren diese erforderlichgeworden.Gemeinschasunterküne in SachsenProzentual gesehen waren die Gemeinschasunterkünedurchgängig zu zwei Dritteln bis drei Vierteln belegt. Auf-grund der zu berücksichtigenden individuellen Bedarfe kannZentrale/dezentrale Unterbringungvon Geflüchteten in SachsenIn den Landkreisen und Kreis-freien Städten gab es mit Stand31. Dezember 2022 insgesamt 107Gemeinschasunterküne. Darüberhinaus stehen zwei weitere Unter-kunsmöglichkeiten im »Stand-By-Modus« mit einer Kapazität von 148Plätzen zur Verfügung.7Die Landkreise unddie Kreisfreien Städtever-gten im1. Halbjahr2021 über12009 PlätzeinGemeinschasunterkünen, diezu 77Prozent be-legt waren. r die dezentrale Unterbringung gab es19873 Plätze inWohnungen, die zu76,8 Prozent ausgelastetwaren. Im 2.Halbjahr 2022 standen15784 Plätze inGemein-7DS 7/12090, sowie eigene BerechnungenGemeinschaftsunterkünfte in Sachsen (2022 im Vergleich zu 2021)2022AnzahlGUKapazität BelegungMonatabsolut prozentual*Januar8710 9718 56478,06Februar8811 0598 73578,99März12315 12711 28474,6April14116 98911 64368,53Mai13616 62112 06572,59Juni13416 42211 89072,4Juli12615 43711 57474,98August12114 96811 41676,27September12014 98211 56077,16Oktober12815 78412 21377,38November13416 67512 60075,56Dezember13817 30412 77373,82Quelle: Daten basieren auf der internen monatlichen Unterbringungsstatistik des Sächsischen Staatsministeriums des Innern,jeweils zum Monatsende,*eigene Berechnungen.2021AnzahlGUKapazität BelegungMonatabsolut prozentual*Januar9110 6017 63368,4Februar9010 5657 87467,87März9010 5507 92667,02April9010 6097 97366,36Mai9010 6127 96768,28Juni9110 5957 91569,47Juli9010 6217 92370,27August8910 5617 82869,86September8610 5737 74373,03Oktober12514 9159 89272,31November12314 5189 82172,82Dezember11814 4039 54473,01Schutzsuchende
27offenes-sachsen.deQuote der dezentralen Unterbringungin SachsenBetrachtet mandie Quotender dezentralenUnter-bringung der einzelnenGebietskörperschaen,sind im Jahresvergleich zumJahresende 2021und 2022 in den folgenden Gebietskör-perschaen die größtenVeränderun-gen erkennbar:jedoch nicht auf alle freien Plätze auch eineBelegung er-folgen. Das betrietwaein Viertel derfreien Plätze. Rechneteman diese bei derKapazität heraus, so ergäbesich faktischeine höhere »bereinigte« Belegungsquote.Dezentral – in Wohnungen oder Wohnprojekten – unter-gebracht werden insbesondere Familien mit Kindern undGeüchtete mit einer Bleibeperspektive. Damit soll der in-dividuellen Situation Rechnung getragen sowie eine ange-messenere Privatsphäre und ein selbstsndigeres Lebenermöglicht werden.Zur Quote der dezentralen Unterbringung liegen Eckwertejeweils zum Halbjahr vor (vgl. nachfolgende Grak).Gebietskörperschaften mit größerenVeränderungen zum VorjahrQuelle: Sächsisches Staatsministerium des Innern.01020304050607080StadtDresden-10,52-6,72+11,2+12,36Mittel-sachsenLeipzigStadtLeipzigDezentrale Unter-bringung zum31.12.2022 (in %)Veränderungzum 31.12.2021(in %)Quote der dezentralen Unterbringungin SachsenQuelle: Sächsisches Staatsministerium des Innern.020406080100Stadt ChemnitzErzgebirgskreisMittelsachsenVogtlandkreisZwickauStadt DresdenBautzenGörlitzMeißenSSOStadt LeipzigLeipzigNordsachsen31.12.202101.07.202231.12.2022
Im Jahr 2022 wurden im Freistaat Sachsen insgesamt 1724 unbegleitete minderjährige Aus-länder (umA)gemäß §42a SGBVIII vorläugin Obhutgenommen. ImRahmen desbundes-weiten Verteilverfahrens zur Aufnahme,Unterbringung und Versorgung unbegleiteterminderjähriger Ausländerwurden demFreistaat Sachsendurch dasBundesverwaltungsamtinsgesamt 102 Zuweisungen aus Hessen, Bayern und Berlin erteilt.11Drucksache Sächsischer Landtag DS 7/12612.UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGEAUSLÄNDER(UMA)
29Die vorläuge Inobhutnahme vonumA ist eine kommunalePichtaufgabe derjeweils fürden Ortder festgestelltenunbe-gleiteten Einreise örtlich zuständigenkommunalen Jugend-ämter. Diese sind verpichtet, der Landesverteilstelle umAjede vorläuge Inobhutnahme zu melden. Dem Landesju-gendamt als Teil der staatlichen Verwaltung im FreistaatSachsen obliegtder Vollzugdes Zuweisungsverfahrensgem. § 42b SGB VIII und des Kostenerstattungsverfahrensgem. §§ 89. SGB VIII. Die landeskonkrete Umsetzung er-gibt sich aus § 32a Landesjugendhilfegesetz (LJHG). Nachvorläuger Inobhutnahme eines umA und erfolgtem Erst-screening wird der umA durch das zuständige Jugendamtbei der LandesverteilstelleumA zur Verteilentscheidungan-gemeldet. Diese weistden umA nach§ 42b Absatz3 SGB VIIIden Jugendämtern im Rahmen einer Aufnahmequote zu,soweit nicht die spezischen Schutzbedürfnisse und Be-darfe eine Abweichungvon der nachdieser Aufnahmequoteaufzunehmenden Zahl derumA gebieten. Entwedererfolgteine landes- oder bundesweite Verteilung oder, bei in derPerson liegenden Verteilhemmnissen, eine Zuweisung anden bisher zuständigen örtlichen Träger der öentlichenJugendhilfe.Die Aufnahmequote richtet sich nach dem Anteil der Ein-wohner des Landkreises oder der Kreisfreien Stadt an derWohnbevölkerung des Freistaates Sachsen. DieLandesver-teilstelle ermitteltwerktäglich durch einen Abgleich deraktuellen Zahl die Zahl der aufzunehmendenumA, die einJugendamt nach den §§ 42 und 42a SGB VIII in Obhut ge-nommen hat oder denen es Anschlusshilfen gewährt, undder volljährig gewordenen ehemaligen unbegleitetenaus-ländischen Kinderund Jugendlichen,denen esweiter Hilfenach § 41 SGB VIII leistet. Zugrunde gelegt werden hierbeidie Angaben der örtlichen Träger der öentlichen Jugend-hilfe an dasBundesverwaltungsamt im Sinnedes § 42bAb-satz6 SGB VIII.Bei der Verteilentscheidung durch die Landesverteilstellewerden dieErfüllung derAufnahmequoten derGebietskörper-schaen sowie Belange des Kindeswohls berücksichtigt. Dasheißt, dass die gesetzlich denierten Verteilhindernisse, z.B.gesundheitliche Einschränkungen, Familienzusammenfüh-rung oder soziale Bege, zu einemVerbleib des jungenMenschen in der erstaufnehmenden Gebietskörperschaführen.11Drucksache Sächsischer Landtag 7/10827.Foto: Steen Giersch