Bilanz der Sächsischen Härtefallkommission 2019: Steigende Fallzahlen, komplexere Fälle

Bilanz der Sächsischen Härtefallkommission 2019: Steigende Fallzahlen, komplexere Fälle

1/2020 Datum 13.01.2020

Der Sächsische Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth MdL stellte heute in Dresden die Bilanz der Sächsischen Härtefallkommission (HFK) für 2019 vor. Die Bilanz des Jahres 2019 ist geprägt durch steigende Fallzahlen und eine zunehmende Komplexität der Einzelfälle.

Die HFK empfiehlt dem Innenminister des Freistaats, ein Bleiberecht in den Ausnahmefällen zu gewähren, in denen trotz grundsätzlich vollziehbarer Ausreisepflicht dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet rechtfertigen.

Im Jahr 2019 brachten die Mitglieder 78 neue Anträge in die HFK ein. Betroffen waren 186 Personen, darunter 79 Kinder. Im Vorjahr 2018 verzeichnete die HFK 59 Anträge. Damit hat sich die Zahl der Anträge um rund 33 Prozent erhöht. Im Vergleich zum Jahr 2015 sind die Eingänge fast um das Achtfache gestiegen: 2017 wurden 53 Anträge eingebracht, 2016 gab es nur 28 Härtefallanträge und 2015 waren es zehn Anträge.

Der Vorsitzende der Härtefallkommission, der Sächsische Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth MdL, resümiert: „Die Fallzahlen sind deutlich gestiegen. Die Fälle werden komplexer, weil sie nunmehr häufiger Menschen betreffen, die sich schon lange im Freistaat aufhalten und die gut integriert sind. Dies erklärt auch die höhere „Erfolgsquote“ vor der HFK. Wir prüfen jeden Einzelfall sorgfältig und individuell. Die Kriterien für die Entscheidung der HFK sind neben der konkreten Lebenssituation der Betroffenen auch die bisher erreichten und weiterhin zu erwartenden Integrationsleistungen, die Sprachkompetenz, die Lebensunterhaltssicherung, das soziale Umfeld und die bisherige Aufenthaltsdauer. Dankbar bin ich dafür, dass der Innenminister auch im abgelaufenen Jahr den Empfehlungen der HFK durchweg entsprochen hat.“

Im Einzelnen:

Die Sächsische Härtefallkommission befasste sich 2019 mit insgesamt 62 Anträgen, davon stammten 11 noch aus dem Jahr 2018. Von diesen 11 Anträgen erledigte sich einer durch Rücknahme. In sechs Fällen wurde ein Härtefallersuchen an das Sächsische Staatsministerium des Innern gerichtet, die übrigen vier Anträge fanden nicht die erforderliche Mehrheit in der HFK.

Die Härtefallkommission beriet in zehn Sitzungen über 52 der 78 Anträge aus dem Jahr 2019. Zehn Anträge wurden von den Einreichenden zurückgenommen. 16 Anträge aus dem Jahr 2019 waren am Jahresende noch offen und werden 2020 beraten.

Die ausreisepflichtigen Betroffenen kamen mehrheitlich aus Georgien (17 Anträge / 62 Personen), 14 weitere Anträge stellten Personen aus Pakistan (14 Personen) und elf der Anträge wurden von Staatsangehörigen der Russischen Föderation (34 Personen) gestellt.

Die Kommission stellte in 44 Fällen besondere Umstände im Sinne der gesetzlichen Vorgaben fest und bejahte damit das Vorliegen eines Härtefalls. Als Vorsitzender der Kommission richtete Geert Mackenroth für diese 44 Fälle (von 52 beratenen) jeweils ein Härtefallersuchen an das Sächsische Staatsministerium des Innern. Das entspricht einer Quote von 84,6 Prozent (Vorjahr 62 Prozent). Bei den weiteren acht Anträgen fand sich keine Mehrheit für ein Ersuchen an das Innenministerium.

Der Sächsische Staatsminister des Innern entsprach allen Härtefallersuchen des Jahres 2019 und veranlasste entsprechende Aufenthaltserlaubnisse. Davon betroffen waren insgesamt 83 Personen (davon 35 Kinder). Neun Entscheidungen für 2019 steht noch aus.

Eine im Rahmen eines 2019 gestellten Härtefallantrages erteilte Aufenthaltserlaubnis wurde nach Erteilung widerrufen, sodass insgesamt 82 Personen verbleiben, die im Rahmen des Härtefallverfahrens eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben.

Die Zahl der Härtefallersuchen stieg entsprechend der Anzahl der Anträge.

Wurden im Jahr 2016 insgesamt 13 Ersuchen an den Innenminister gerichtet, so waren es 32 im Jahr 2017, 25 im Jahr 2018 und 44 Ersuchen im vergangenen Jahr.

Jahr Anträge Betroffene Rücknahmen offene Anträge Härtefall-ersuchen Betroffene Anrordnungen nach §23a AufenthG Betroffene
2015 10 25     4 9 4 9
2016 28 93 6 6 13 55 12 51
2017 53 161 6 16 32 98 32 98
2018 59 149 8 11 25 58 25 58
2019 78 186 10 16 44 106 35 83

Hintergrund

Das Bundesrecht regelt in § 23a des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltsgewährung in Härtefällen. Demnach darf eine oberste Landesbehörde anordnen, dass einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von den in diesem Gesetz festgelegten Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel sowie von den §§ 10 und 11 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Voraussetzung ist, dass eine von der Landesregierung durch Rechtsverordnung eingerichtete Härtefallkommission darum ersucht.

https://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__23a.html

Für Sachsen gilt die Sächsische Härtefallkommissionsverordnung.

Nur ein Mitglied der Härtefallkommission kann diese veranlassen, sich mit dem Anliegen eines Ausländers zu beschäftigen (Selbstbefassungsantrag). Der oder die Betreffende muss also ein Mitglied der Härtefallkommission seiner Wahl dafür gewinnen, den Fall vor die Härtefallkommission zu bringen. Ein Recht auf Befassung durch die Härtefallkommission besteht nicht.

Mit Eingang des Selbstbefassungsantrags beim Vorsitzenden beginnt das Verfahren. Für dessen Dauer besteht ein Abschiebestopp. In der Regel wird der Antrag nach Eingang innerhalb von drei Monaten durch die Kommission beraten.

Stellt die Härtefallkommission mit der Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder fest, dass trotz vollziehbarer Ausreisepflicht des Ausländers dringende humanitäre oder persönliche Gründe seine weitere Anwesenheit im Bundesgebiet rechtfertigen, bittet der Vorsitzende der Härtefallkommission den Sächsischen Staatsminister des Innern, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis anzuordnen.

Die Sitzungen der Härtefallkommission finden nichtöffentlich statt. Über das Abstimmungsverhalten der Mitglieder oder deren Stellvertreter wird nicht berichtet. Das einbringende Mitglied kann die betroffenen Personen über das Ergebnis der Beratung informieren. 

Die HFK besteht aus neun Mitgliedern. Vorsitzender der Sächsischen Härtefallkommission ist der Sächsische Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth MdL.

Weiterführende Informationen zur Sächsischen Härtefallkommission mit Mitgliedern, Verordnung und Geschäftsordnung
https://sab.landtag.sachsen.de/de/der-saechsische-landesbeauftragte/haertefallkommission/haertefallkommission-6735.cshtml