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Hass im Internet - Was tun?

Hate Speech ist eine aktuelle, besorgniserregende Form der Kommunikation im Netz. Betroffenen sind viele ehrenamtliche Helfer. Die Informationen sollen  vor den Hassattacken im Netz schützen und zeigen konkrete Handlungsoptionen auf.

Das Phänomen Hate Speech bezeichnet im weitesten Sinne herabwürdigende und beleidigende Kommentare und Postings, die die Persönlichkeitsrechte der Adressaten verletzen. Darüber hinaus fallen auch volksverhetzende Inhalte, Aufrufe zu Gewalt wie Mord- und Vergewaltigungsdrohungen, Shitstorms und Cybermobbing in den Bereich Hate Speech. Diese Handreichung gibt Ihnen Impulse, wie Sie Hate Speech im Netz erkennen und dagegen vorgehen können. Sie enthält eine juristische Einordnung und beratende Hilfestellungen:
Was können Sie tun, wenn Sie selbst bedroht werden oder jemand in Ihrem Umfeld bedroht wird? Wie verhindern Sie, dass sich negative Erlebnisse im Netz auf Sie selbst und Ihre
Psyche auswirken?

Die Rechtslage

Bedeutend für den rechtlichen Umgang ist, dass der Begriff „Hate Speech“ kein juristischer Begriff ist und es keinen einzelnen Straftatbestand gibt, auf den sich Betroffene berufen können. Er ist offen und kann nicht nur einen, sondern mehrere juristische Tatbestände erfüllen.

Grundsätzlich gilt das in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschriebene Recht auf freie Äußerung der eigenen Meinung auch im Internet. Aber es gibt Grenzen, deren Überschreitung den Rahmen eines respektvollen Umgangs miteinander sprengt. Die rechtlichen Einschränkungen gelten auch im digitalen Raum: Die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sowie das Recht der persönlichen Ehre dürfen nicht verletzt werden.

Äußerungen, die geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde zu verletzen oder durch
Schmähkritik herabzuwürdigen und verbale Angriffe etwa aufgrund von Ethnie, Glauben, Herkunft, geschlechtlicher Identität oder sexueller Orientierung sind daher nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung umfasst. Dies gilt auch für Äußerungen, die unter das deutsche Strafrecht fallen, zu Straftaten auffordern oder die Bestimmungen zum Schutz der Jugend verletzen.

Konkrete Schritte

Wenn Sie konkret gegen einen bestimmten Beitrag vorgehen und dafür sorgen wollen, dass dieser gelöscht wird oder der Attackierende zur Rechenschaft gezogen wird, können Sie sich an unserem Schema am Ende der Seiten zu den unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten orientieren.

Selbstfürsorge & psychologische Hilfe

Achten Sie auf sich selbst und ihre Psyche. Machen Sie sich bewusst, dass niemand Hate Speech einfach
so wegsteckt. Psychische Folgen von Hate Speech können sein: Angst oder Unruhe, Probleme mit dem eigenen Selbstbild, Konzentrationsschwierigkeiten und geringere Leistungsfähigkeit, emotionaler Stress, Gefühl von Hilflosigkeit, Schlafstörungen, vorsichtigeres Auftreten im Netz oder kompletter Rückzug aus sozialen Netzwerken, Depressionen, Probleme am Arbeitsplatz oder in der Bildungseinrichtung.
Wenn Sie diese Symptome bei sich bemerken, sollten Sie sich umgehend psychologische Hilfe suchen unter:

www.sachsen.weisser-ring.de
www.opferhilfe-sachsen.de
www.traumanetz-sachsen.de

 

Neuerungen in der Strafverfolgung

Bei bisherigen Urteilen zu Verunglimpfungen und Attacken im Internet wurden vor allem folgende Strafgesetzbuch-Paragrafen herangezogen:

  • Verbotene Symbole (§ 86 StGB)
  • Öffentlicher Aufruf zu Straftaten (§ 111 StGB)
  • Volksverhetzung (§ 130 StGB)
  • Gewaltdarstellung (§ 131 StGB)
  • Beschimpfung religiöser Bekenntnisse (§ 166 StGB)
  • Beleidigung (§ 185 StGB)
  • Üble Nachrede (§ 186 StGB)
  • Verleumdung (§ 187 StGB)
  • Recht am eigenen Bild (§ 201 a StGB)
  • Bedrohung (§ 241 StGB)

Diese Straftatbestände wurden 2020 durch das Gesetz zur besseren Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität teilweise verschärft oder erweitert. Durch das Gesetz wurde aber nicht nur das Strafgesetzbuch verändert. Problematisch ist bei Hate Speech nämlich zunächst die vor der Bestrafung liegende Situation. Betroffene haben es oft schwer, ihre Rechte durchzusetzen und das strafbare Verhalten zu dokumentieren. Das soll durch das Gesetz erleichtert werden, indem die sozialen Netzwerke nun nicht nur die betreffenden Posts löschen, sondern auch zu Beweiszwecken sichern und in bestimmten Fällen an das Bundeskriminalamt melden müssen. Außerdem wurden durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das am 01.10.2017 in Kraft trat, gesetzliche Regeln für den Umgang mit Hasskriminalität in sozialen Netzwerken eingeführt, die sich an die Anbieter sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter richten.


Faktenbox: Das ist neu

  • Wenn mit einer Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert gedroht wird, ist dies strafbar.
  • Der Strafrahmen für Drohungen im Netz und für Beleidigungen wurde erhöht.
  • Antisemitische Tatmotive wirken strafverschärfend.
  • Meldepflicht für soziale Netzwerke: Strafbare Posts müssen an das Bundeskriminalamt (BKA) weitergeleitet werden.
  • Soziale Netzwerke stehen in der Pflicht, ein wirksames Beschwerdeverfahren einzuführen sowie Nutzerinnen und Nutzer zu informieren.
  • Sofern die sozialen Netzwerke ihre Pflichten verletzten, kann Beschwerde beim Bundesamt für Justiz eingereicht werden.

Gegenstrategien - was kann ich tun

Wie Sie auf Hate Speech reagieren sollten, ist stark abhängig vom Kontext und davon, ob Sie selbst betroffen oder Zeuge sind. Bleiben Sie nicht allein, sondern suchen Sie sich Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Teilen Sie sich Vertrauten mit. Mischen Sie sich ein, indem sie aktiv Stellung beziehen. Nutzen Sie die Gegenrede (Counterspeech).

Das bedeutet, Sie beziehen aktiv und freundlich Stellung gegen den Hass. Bekunden Sie, dass Sie ihn nicht hinnehmen werden. Hinterfragen Sie schwache Parolen. Reagieren Sie nicht mit Gegenhass, sondern versuchen Sie, die Debatte mit Fakten und Argumenten zu versachlichen. Fragen Sie Betroffene danach, was sie benötigen. Stoßen Sie im Rahmen ihrer Selbstfürsorge an Grenzen, sollten Sie unbedingt psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.

Mögliche Ansprechpersonen:

  • Angehörige und Freunde
  • Andere Teilnehmer desselben sozialen Netzwerks oder der Gruppe, in der Hate Speech auftritt
  • Klassenkameraden, Kolleginnen oder Vorgesetzte
  • Partnerorganisationen

Mögliche Reaktionen:

  • Auf den Hass hinweisen
  • Kritisch antworten
  • Unterstützend antworten
  • Betroffene fragen, was sie brauchen